Review Krankheit – Saat des Bösen

Rammstein, Dimmu Borgir und klassische Musik – Das sollte doch eigentlich nicht so schwer unter einen Hut zu bringen sein, oder? Das scheinen sich die österreichischen Dark-/Industrial-Metaller KRANKHEIT zumindest gedacht zu haben, denn genau auf diesen drei Säulen baut deren zweites Album „Saat des Bösen“ auf. Bezüglich seiner Einflüsse verspricht das Trio gewiss nicht zu viel, kann man auf dem Nachfolger ihres 2013 erschienenen Debüts doch alle drei heraushören – gewissermaßen. Leider ist KRANKHEIT bei diesem gewagten Unterfangen ein schwerwiegender Fehler unterlaufen: Die Düstermetaller können offenbar nicht zwischen Zuviel und Zuwenig unterscheiden.

Während sich nämlich Saitenzupfer Roy Preissler bezüglich seines unmelodischen, betont rhythmischen Spieles am Kern von Rammsteins Gitarrenfraktion zu orientieren scheint und dabei offenbar nicht bemerkt hat, dass auch Rammstein nicht immer nur stumpf draufhauen, sind Dimmu Borgir allenfalls für die minimalen Black-Metal-Ausflüge von KRANKHEIT Pate gestanden. Ganz richtig, bis auf die seltsamen, giftigen, eher geflüstert denn geschrien klingenden Screams und ein paar vereinzelte Ausbrüche wie im eröffnenden Titeltrack oder im Refrain von „Untergang“ ist nichts an der Musik von KRANKHEIT als schwarzmetallisch anzusehen.
Dass die Screams bei KRANKHEIT einen gewissen Wiederkennungswert aufweisen, ist leider das einzig Gute an ihnen, denn die meiste Zeit über klingen ebenjene sowohl in ihrer Höhe als auch in ihrer Rhythmik ermüdend monoton. Nur im Refrain des treibenden, mit coolen, düsteren und minimalistischen Keyboards ausgestatteten „Mammon“ und im klagenden Refrain von „Die Weinende“ kommt ein wenig Emotion durch. Dass das Drumming nicht allzu komplex oder brutal ist, wäre zu verzeihen, jedoch ist die auch sonst recht sterile Produktion in diesem Punkt geradezu missraten, der klopfende Sound des Schlagzeugs geht gehörig auf die Nerven.
Der Hammer, mit dem KRANKHEIT den letzten Sargnagel über sich selbst einschlagen, ist jedoch eindeutig der Klassik-Aspekt. Anstatt ihrer Musik mit eigens komponierter Orchestrierung Epik zu verleihen, greifen die Dark-Metaller nämlich einfach nur auf bereits bekannte Klassik-Stücke zurück. Als wäre der darin zum Ausdruck kommende Mangel an Einfallsreichtum nicht schon störend genug, fallen Songs wie „Tag der Rache“, „Tanz der Zeit“ oder „Symphonie V“ dadurch aufgrund ihrer Melodramatik der Lächerlichkeit zum Opfer. Erschwerend kommen dann auch noch die stumpfsinnigen Texte hinzu, die selbst Fans von Schwarzer Engel oder Nachtblut vor Fremdscham erzittern lassen dürften.

Das Konzept, das KRANKHEIT mit ihrer Musik umzusetzen suchen, wäre durchaus vielversprechend. Die härteren, weniger symphonischen Songs wie der Titeltrack, „Mammon“ oder „Geboren Unheil anzurichten“ gefallen sogar ein klein wenig. Ansonsten krankt „Saat des Bösen“ jedoch an so vielen Ecken und Enden, dass man das Vorhaben der drei Österreicher leider nur als misslungen bezeichnen kann. Die kitschigen Klassik-Elemente passen überhaupt nicht zu den stumpfen, geradlinigen Tracks, die auch sonst kaum etwas Interessantes zu bieten haben. Wirklich bedauerlich.

Wertung: 3.5 / 10

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