Review Letzte Instanz – Schuldig

Nach einem Ausflug in akustische Gefilde namens „Das weiße Lied“ bekennt sich die LETZTE INSTANZ mit ihrem neuesten Studioalbum nun „Schuldig“. Schuldig im Sinne von straighter Rockmusik mit diversen Folk- und Gothiceinflüssen, der immer noch das Dogma der Brachialromantik anhaftet. Weitere Kategorisierungsversuche sind weder erwünscht noch notwendig. Das Album trägt eine klar erkennbare Handschrift, doch das anfangs überraschend hohe Niveau kann leider nicht vom ersten bis zum vierzehnten Song gehalten werden.

„Schuldig“ beginnt vielversprechend mit einem kurzen Instrumentalintro namens „Mea Culpa“ und zwei echten Krachern: „Mein Engel“ und „Flucht ins Glück“. Treibende Rock-/Folkelemente vermischen sich zu einem harmonischen Gute-Laune-Mix und die fröhlichen Melodien behält man bewusst oder unbewusst gerne im Ohr. Stilistisch unterscheiden sich die übrigen 12 Stücke im Grunde wenig von der Einstiegsdroge, doch erst „Die Eine“ schafft es wieder einen nachhaltigen Effekt beim Hörer zu erzielen – eine wunderbare Hommage an die vergängliche Schönheit des weiblichen Geschlechts.
Leider triefen einige Stücke wie das geigenlastige „Traumlos“ oder „Mein Leben“ von zu viel Pathos (oder wie Holly es besingt: „Herz und Schmerz“), sind teils allerdings musikalisch annehmbar verpackt in rockig-tragende Gewänder. Allgemein überzeugt die Produktion von Henning Verlage und Vince Sorg (H-Blockx, Unheilig, Die Toten Hosen, In Extremo) mehr als bei einigen Vorgängeralben der Letzten Instanz. Abseits der druckvolleren Produktion wagt das Septett überraschende Experimente:

Mit dem Duett „Der Garten“ geht Wahl-Istanbuler Holly mit Duettpartnerin Aylin Aslim gesanglich neue Wege. Die Liebesgeschichte wird teils in Türkisch und teils in Deutsch gesungen. Ein nicht zwangsläufig notwendiges Element, doch insgesamt eine nette Abwechslung und etwas gänzlich Neues im grob gefassten Genre des MA-Rocks. „Feuer“ klingt hingegen zu sehr nach Subway to Sally, um musikalische Eigenständig zu repräsentieren, während sich bei „Vollmond“ letztendlich nur Schlagzeuger Specki T.D. austobt.

Mit „Komm!“ und „Wann“ verstecken sich unter den letzten drei Songs noch zwei echte Perlen. Kann ersteres noch als eindringliche Einladung zum Tanz verstanden werden, ist der ruhige Albumabschluss den Rückschlägen des Lebens gewidmet, denen man zwar nicht ausweichen, aber mit denen man gemeinsam umgehen kann. Eine sehr versöhnliche Botschaft zum Ende, die nicht von zu abstrusen Metaphern ad absurdum geführt wird.

Leider ist „Schuldig“ textlich nicht immer eine Offenbarung und manche Songs brauchen mehrere Hördurchgänge, um richtig zu klicken. Zu anderen Stücken („Mein Leben“, „Vollmond“) konnte ich wiederum auch nach wiederholtem Zuhören keinen Bezug aufbauen. So bleibt unter dem Strich ein relativ gutes Studioalbum, wobei sich die wahren Schuldbekenntnisse trotz verbesserter Produktion am besten live zelebrieren lassen.

Wertung: 6.5 / 10

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