Review Lili Refrain – Ulu

Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich bei LILI REFRAIN um keine Indie-Band, sondern um das Solo-Projekt einer Gitarristin aus Rom, die auf „Ulu“ ihre Interpretation von experimentellem Folk präsentiert. Das vierte Album der Italienerin besteht dabei aus einem einzigen, in drei Abschnitte („Gula“, „Terra 2.0“ und „Mul“) gegliederten Song, der sich über 22 Minuten erstreckt – und der durchaus zu gefallen weiß.

Auch wenn es nicht so klingt: LILI REFRAIN hat auf „Ulu“ alles (mit Hilfe von Loop- und anderen Effektpedalen, aber ohne Computer oder Backing Tracks) selbst eingespielt – und dabei einen ziemlich beeindruckenden und atmosphärischen Soundtrack aufgebaut. Der Folk-Unterbau ist dabei offensichtlich, aber eigentlich nur die Spitze des Eisbergs: Auch Einflüsse aus World-Music (man achte nur auf die Vocal-Harmonien), ja sogar Stoner Rock sind auf „Ulu“ zu finden und verschmelzen zu einem trotz des repetitiven Charakters spannenden Ganzen.

Die Gitarrenarbeit ab Minute 11 ist schlicht und ergreifend fantastisch: Der analog anmutende E-Gitarren-Sound von „Ulu“ weckt Assoziationen Richtung Stoner Rock, nur um dann in ein ausuferndes Solo zu münden, welches einerseits ein orientalisches Flair hat, andererseits aber auch beinahe an einen Dudelsack erinnert – klingt komisch, ist aber so.

Außer auf unterschiedlichste Art und Weise verfremdeten Gitarren gibt es auf „Ulu“ lediglich Percussion und einige Synthie-Sounds zu hören, die den rituell-schamanischen, fast schon sakralen Charakter des Albums unterstützen. Gesanglich hat LILI REFRAIN schon auch ein ganz klein bisschen was von Jarboe oder Anna von Hausswolff, zieht aber konsequent ihr eigenes Ding durch, ohne plump zu kopieren. Das inhaltliche Konzept lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Ulu ist alles, was wir vergessen“, erklärt die Gitarristin und lässt den Zuhörer mit dieser mystisch anmutenden Aussage, die doch ein wenig mehr Interpretationsfreiraum lässt, alleine zurück.

„Ulu“ von LILI REFRAIN ist ohne Frage etwas Besonderes und dürfte Fans von eben Jarboe, Anna von Hausswolff, aber auch Chelsea Wolfe oder Lingua Ignota auf jeden Fall gefallen. Der Römerin ist eine einzigartige, fesselnde Klanglandschaft gelungen, die gleichermaßen intensiv wie meditativ ist – lediglich die Spielzeit lässt definitiv zu wünschen übrig. Wer auch nur ein bisschen was für experimentellere Musik übrig hat, ist hiermit aufgefordert, der Platte eine Chance zu geben.

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Wertung: 8.5 / 10

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