Review Machine Head – Unto The Locust

  • Label: Roadrunner
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Thrash Metal

Mit manchen Alben wird man auch nach dem gefühlten hundertsten Durchlauf nicht warm, andere zünden dafür augenblicklich. Die Ami-Thrash-Legende MACHINE HEAD legt mit „Unto The Locust“ ihr mittlerweile siebtes Studioalbum vor und präsentiert sich darauf so stark wie lange nicht mehr. Keine Frage, Alben wie „The Blackening“ oder „Through The Ashes Of Empires“ sind großartige Werke, reichen an die Frühwerke der Band aber nicht ganz heran.

Ob dies „Unto The Locust“ gelingen wird, ist zumindest nicht ausgeschlossen, jedenfalls ist es einer der Fälle, bei dem eine CD schon beim ersten Durchlauf zündet. Kaum ein Song, der qualitativ abfällt, dabei ist Abwechslung scheinbar ein wiederentdecktes Zauberwort bei den Oaklandern. Auf der einen Seite gibt es da altbekannte Geprügel, Thrashriffs mit der Schärfe eines Diamantbohrers treffen auf gnadenloses Rhythmusfundament und die gesanglichen Leistungen der Herren Flynn, Duce und Demmel sind seit Jahren unbestritten. Auf der anderen Seite wird immer wieder Gas rausgenommen und sogar ein Kinderchor mit dem Nachwuchs der Bandmitglieder kommt zum Einsatz. „Pearls Before The Swine“ ist demnach überhaupt nicht wörtlich zu nehmen, Perlen vor die Säue wirft höchstens der, der sich „Unto The Locust“ verschließt. Hier kriegt man es jedenfalls mächtig um die Ohren geblasen, live sicher ein Song, der Band wie Publikum ordentlich einheizen dürfte. Aber MACHINE HEAD sind ja nun mal keine Kapelle, die sich voll und ganz auf ihre monströsen Wurzeln verlässt, Songs wie „Clenching The Fists Of Dissent“ hatten immer wieder akustische Zwischenparts dabei, aber was hier im Opener aufgefahren wird, ist schon absolute Spitzenklasse. Los geht das dreiteilige „I Am Hell (Sonata in C#)“ mit einer Art gregorianischem Gesang, der eine Weile vor sich hin plätschert, um dann von einem zunächst eher soften Bandeinsatz unterbrochen zu werden. Dann gehts aber los, ein Moshpart zum Nackenbrechen walzt erst mal alles nieder, nur um nach zwei Minuten per mächtigem Blastbeat dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen. Ich weiß, dass ich mich damit ein Stück aus dem Fenster lehne, aber die stilistische Nähe zu den Songs auf „The More Things Change“ ist schon ziemlich offensichtlich. Brutales Riffing in Kombination mit epischen Melodien auf der Gitarre und beim Gesang, so etwas habe ich von MACHINE HEAD seit etwa 15 Jahren nicht auf diesem Niveau gehört. A propos episch: mit guten acht Minuten läuft die Eröffnungsnummer gewohnt ausufernd ins Ziel und wird dabei nicht eine Sekunde langweilig, auch weil gegen Ende noch ein unschuldig wirkender Akustikpart eingestreut wird, die (Achtung, kleine Kritik!!) etwas zu leise abgemischten Geigen erzeugen eine wohlige Spannung, welche sich dann in einem überraschend seichten Solo entlädt. Hier hätte man gerne noch mal in die Vollen gehen können (Ui, schon wieder Kritik!!)

Von Langeweile kann auch im Folgenden keine Rede sein, „Be Still And Now“ eröffnet mit einer Gitarrenmelodie, die vielleicht nicht jedem Schüler nach dem ersten Jahr Gitarrenunterricht Angstschweiß auf die Stirn zaubern würde, aber ihre Wirkung keineswegs verfehlt. Einige Schlagzeugeinsätze leiten in den eigentlichen Song über, der insgesamt etwas langsamer, aber nicht weniger hart gehalten ist als „I Am Hell“. Dafür wird in Sachen Epik und Dramatik im Refrain („And The Sun Will Rise“) noch mal eins draufgesetzt. Eigentlich könnte man jetzt jeden einzelnen der sieben Songs (die limitierte Digipakauflage kommt mit drei Bonussongs daher) in dieser Art sezieren, verdient hätten sie es alle. Lieber verweise ich aber auf das Geschriebene, welches die Qualität der Platte schon recht gut dargestellt haben sollte und verwende noch ein paar Worte auf das Artwork. Natürlich ist es dem Titel gemäß ganz im Heuschreckenstil gehalten und das hat es auch, nämlich Stil. Teilweise setzt man etwas auf einen gewissen Splatterfaktor, so löst sich beim Bild von Adam Duce sein Unterarm auf und entlässt einen Schwarm der possierlichen Insekten. Ansonsten ist das Booklet aber ganz in düsterem Grün gehalten und passt somit hervorragend – wie sollte es auch anders sein – zur Stimmung des Albums.

Die Band hat ihre Lieder gesungen, ich meine Lobeshymnen. Gegen die starken Vorgänger kann „Unto The Locust“ locker bestehen und selbst der schöpferische Höhepunkt der Band in Form von „The More Things Change“ wackelt ein wenig. Ob er fällt, entscheidet jeder einzelne für sich, vielleicht kann man auch noch das eine oder andere besser machen als auf dem vorliegenden Hammeralbum, ich wüsste allerdings nicht, was das sein könnte. In der Hoffnung, dass Flynn und Co beim nächsten Mal noch mal einen drauf setzen, verzichte ich allerdings denkbar knapp auf die Höchstwertung.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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