Review Martyrion – Our Dystopia

Was haben Cypecore und MARTYRION gemeinsam? Zugegeben, diese Frage wird sich wohl noch niemand gestellt haben, zumal beide Bands noch keinen großen Bekanntheitsgrad haben. Kennt man die beiden jedoch, drängt sich die Antwort auf diese Frage geradezu penetrant auf, denn beide kommen aus Deutschland, spielen (mehr oder weniger) Melodic Death Metal, haben an demselben Tag ihr aktuelles Album veröffentlicht und befassen sich darauf mit post-apokalyptischen Dystopie-Szenarien. Trotz dieser unwahrscheinlichen Zufälle sollte man die beiden Gruppen nicht unreflektiert in einen Topf werfen, denn musikalisch haben sie abgesehen vom übergeordneten Genre nur wenig miteinander gemein.

Während Cypecore sich modern-brachial durch ihre vergleichsweise geradlinigen Songs knüppeln und dabei nicht selten Fear Factory zitieren, verfolgen MARTYRION auf ihrem zweiten Full-Length „Our Dystopia“ einen etwas traditionelleren und zugleich experimentierfreudigeren Ansatz. Das erkennt man bereits an der nicht unbeträchtlichen Spielzeit von über einer Stunde, die Songs sind sowohl länger als die ihrer Kollegen als auch als noch auf ihrem eigenen 2011er Debüt, was zudem dafür spricht, dass MARTYRION sich als Songwriter weiterentwickelt haben. Nach dem tragischen Kriegsgeräusch-Intro ist auf dem Opener „In The End“ noch nicht allzu viel Ungewöhnliches festzustellen. Man hört die gängigen abgehackten und doch melodischen Gitarren, gelegentliches Chugging, ein paar coole Leads, das eine oder andere Solo und tiefe, kraftvolle Growls.
Mit „Genozenith“ folgt jedoch ein wahnsinnig starker Track, der eines Tages möglicherweise DIE MARTYRION-Hymne sein wird: Auf melancholische Leads folgen härtere, energetische Passagen, das Tremolo erinnert ein wenig an Amon Amarth und der Refrain ist unglaublich dynamisch mit einem guten Zusammenspiel von Screams und Growls. Zum Ende hin offenbart das Quintett außerdem, inwieweit sich „Our Dystopia“ von anderen Alben des Genres unterscheidet. MARTYRION setzen nämlich im späteren Verlauf immer öfter stimmungsvolle, cleane Gitarren ein, die in „The End Of Eternity“ schon beinahe dem Post-Rock entlehnt zu sein scheinen.
Generell wird das Album mit der Zeit immer melancholischer, das beweisen insbesondere Tracks wie das gefühlvolle, aber keinesfalls weichgespülte „What We Leave Behind“ und das getragene, überaus melodische „The Uncertain Future Dies Every Day“. Nichtsdestotrotz bewahren sich MARTYRION stets eine gewisse raue Attitüde, passend dazu ist die Produktion ziemlich ungeschliffen und die Double-Bass-Drum kommt rege zum Einsatz.

MARTYRION haben mit „Our Dystopia“ also ein gutes zweites Album geschaffen, das in vielerlei Hinsicht genretypisch ist, aber dennoch ein paar innovative Einfälle vorzuweisen hat. Es muss jedoch auch gesagt werden, dass die jungen Melodic-Death-Metaller noch ein wenig Feinschliff in ihr Songwriting und ihre Performance bringen sollten. Denn nicht alle Songs sind so durchgehend überzeugend wie die genannten, sodass es noch ein wenig an der Rechtfertigung für die Länge einiger Tracks mangelt. Auch die Cleans auf „From Reality Into Fear“ zeugen noch von einem gewissen Rest an Unerfahrenheit. Das Fazit fällt dennoch sehr wohlwollend aus.

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Wertung: 7 / 10

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