Review Ministry – Cover-Up

Mit „The Last Sucker“ veröffentlichten MINISTRY, die Industriellen um Bandkopf Al Jourgensen, vor gut einem halben Jahr ihr letztes reguläres Studioalbum; doch die Geschichte des Industrial-Urgesteins sollte noch nicht vorbei sein, denn als krönenden Abschluss ersann Jourgensen in der Tradition von Atrocitys „Werk 80“ das „Ministry-Party-Album“, wie er es selbst nennt. Eine volle Stunde lang verwurstet die Truppe hier insgesamt elf mehr oder minder bekannte Oldies und steckt sie in ein komplett neues Soundgewand. Wer Lust auf ein anspruchsvolles Ratespiel hat, der lasse Leute, die die Scheibe noch nicht kennen, die Originale erraten! Neben der üblichen MINISTRY-Besetzung geben sich allerlei (un)bekannte Herrschaften die Ehre, unter anderem Burton C. Bell (Fear Factory, Ascension of the Watchers) und Josh Bradford (Revolting Cocks).

Mindestens vier oder fünf der Titel sollten eigentlich jedem, der ab und an mal Oldies hört, ein Begriff sein: „Black Betty“, „What a wonderful World“ und „Bang a Gong“ sind wahrscheinlich jedem schonmal durch den Gehörgang gerauscht, und beim ersten Hören von „Cover-Up“ dürfte das eine oder andere Déjá-vu-Erlebnis nicht ausbleiben. Die Originale werden zwar immer verfremdet – mal mehr, mal weniger stark – aber die Erkennungsmerkmale bleiben immer erhalten. Deep Purples „Space Truckin´“ beispielsweise unterscheidet sich eigentlich nur im Klang von der fast dreißig Jahre alten Urversion und rockt heute wie damals gut was weg; ähnlich verhält es sich mit „Black Betty“ und „Bang a Gong“, wobei letzteres durch hinzugefügte Doublebass-Einsätze einiges an Schwung gewinnt. Andere wiederum, wie der „Roadhouse Blues“ oder „Under my Thumb“ von den Stones, sind nach der Industrial-Behandlung kaum noch wiederzuerkennen; zweiteres würde ich fast als den besten Song auf „Cover-Up“ bezeichnen, da es mit dem ruhigen Zwischenteil und dem leichten Keyboard-Geplinker wohl das vielseitigste Lied dieses Albums ist. Völlig verrückt ist die Verballhornung von „What a wonderful World“: Zunächst singt uns Al die Zeilen mit seiner kratzigen Stimme noch langsam und mit Klavierbegleitung vor sich hin, ehe dann nach knapp vier Minuten die Punk-Keule rausgeholt und mächtig geschwungen wird, was dem Song erstaunlich gut zu Gesicht steht.

Allen Songs gemein sind diese gewisse Punkrock-Attitüde, eine Basisportion Aggressivität sowie der Sound bzw. die Produktion, die in meinen Ohren den größten Schwachpunkt dieser Scheibe darstellt. Da ich normalerweise weder Industrial höre noch mich mit den anderen Alben MINISTRYs beschäftigt habe, weiß ich nicht, ob das hier repräsentativ für alle Alben der Bandgeschichte ist, aber ich vermute es einfach mal. Doch nun zur Produktion selber: Das große Problem ist hier, dass die Gitarren und auch das (programmierte) Schlagzeug ziemlich mitten- und höhenreich daherkommen, wodurch sie sägend wirken und bei mir nach ungefähr zwei Dritteln des Albums Kopfschmerzen auslösen. Besonders deutlich wird das unter anderem bei „Supernaut“ und „Roadhouse Blues“. Es klingt einfach irgendwie unangenehm und hindert mich daran, das Album freiwillig in einem Stück durchzuhören.Doch hiervon mal ganz abgesehen macht „Cover-Up“ eine Menge Spaß, besonders, wenn man die Originale der Songs kennt oder sie sich einmal im direkten Vergleich anhört. Jourgensen hat mit seiner Bezeichnung „Party-Album“ nicht übertrieben, denn abfeiern kann man zu den 11 Coverversionen sicherlich ganz gut. Das Album ist ein schöner, kreativer Abschluss der Bandgeschichte, der das Buch MINISTRY mit einem Augenzwinkern schließt und sicher den einen oder anderen auf diese Band aufmerksam machen wird.

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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