Review Mörk Gryning – Hinsides Vrede

Wenn es eine Band nach 15 Jahren Pause nochmal wissen will, darf man zu Recht gespannt sein – zumindest wenn es sich nicht um ein kommerziell erfolgreiches Star-Ensemble handelt, das offensichtlich nur noch mal die Cashcow melken möchte. Und das kann man MÖRK GRYNING, von 1996 bis 2005 im schwedischen Black-Metal-Underground unterwegs, beim besten Willen nicht unterstellen.

Vielmehr scheinen die beiden Bandgründer Goth Gorgon und Draakh Kimera, die zuletzt 2003 gemeinsam an „Pieces Of Primal Expressionism“ gearbeitet hatten, tatsächlich von Kreativität getrieben: Deutete sich auf dem selbstbetitelten 2005er-Album bereits die Tendenz mehrerer Mitglieder hin zum Groove Metal an, dem sich vier der damaligen MÖRK-GRYNING-Musiker ab 2006 dann auch bei C.B Murdoc verschrieben, gehen MÖRK GRYNING mit „Hinsides Vrede“ gleichermaßen einen Schritt zurück und zwei nach vorne.

So ist das Album mehr „Black Metal“ als die bisherigen drei Alben der Band aus diesem Jahrtausend – und bietet zugleich weit mehr als nur traditionelles Black-Metal-Gesäge im Stile ihres 1997er-Werkes „Return Fire“. Vielmehr gelingt es MÖRK GRYNING, gleichzeitig die kalte, schwedische Atmosphäre des lange vergriffenen Debüts „Tusen År Har Gått“ aufleben zu lassen und diese mit unzähligen Elementen zugleich beeindruckend individuell und spannend klingen zu lassen.

Wo „Fältherren“ noch nur mit einem lieblichen Cleangitarren-Part im ansonsten schneidenden Uptempo-Riffing aufwartet, verpassen MÖRK GRYNING „Existence In A Dream“ (zusätzlich zur Cleangitarre) einen Dimmu-Chor – und „Infernal“ eine schmissige Melo-Death-Leadgitarre, die in einem ausschweifenden Solo gipfelt. Je weiter man sich in das Album hineinbewegt, desto innovativer werden die Kompositionen: „A Glimpse Of The Sky“ überrascht nach einem gefälligen Mid-Tempo-Einstieg mit einem geschickt eingefädelten Folk-Part aus Klargesang und Akustikgitarre, und mit „Hinsides“ folgt konsequenterweise ein rein instrumentales Akustikgitarren-Interlude. Danach lassen MÖRK GRYNING das Album mit „The Night“ zwar wieder härter werden; ihre Experimentierfreude, vor allem aber ihr Gespür für eingängige Melodien prägt die zweite Albumhälfte jedoch nicht weniger als die erste: Zwei reine Klavierstücke und Klargesang, der an Enslaved denken lässt („Without Crown“), sind dafür nur die offensichtlichsten Beweisstücke – weit mehr findet der an Detektivarbeit interessierte Hörer in den so geschickt wie vielschichtig arrangierten Kompositionen im Rahmen weiterer Durchläufe.

Bei aller Melodik mit Klargesang und Chören, Klavier und Akustigitarren klingt „Hinsides Vrede“ – und das ist die eigentliche Kunst von MÖRK GRYNING – zu keiner Zeit „verweichlicht“: Die schnittigen Riffs, der fies gefauchte Gesang und nicht zuletzt der harsche Sound sorgen dafür, dass das Comeback-Album der Schweden durchweg die Atmosphäre eines klassischen Black-Metal-Albums aufrechterhält. Nur eben die eines abwechslungsreichen, spannenden Black-Metal-Albums, wie es sie (leider) viel zu selten gibt.

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Wertung: 9 / 10

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4 Kommentare zu “Mörk Gryning – Hinsides Vrede

  1. Die 3 Songs, welche man vorab auf Youtube hören konnte, ließen großes erahnen. Und im Grunde wird man nicht enttäuscht. Wenn dann vom eher nicht wirklich schönen Artwork des Digipacks und der etwas mickrigen Spielzeit von 35 Minuten.
    Die Songs selbst knüpfen wirklich an das fantastische Debüt an. Wobei auch neue und Interessante Facetten zu hören sind.
    Auch wenn man es oft liest, querverweise zu „Return Fire“ finde ich so gut wie gar nicht. Dazu sind die Songs zu sehr lead-betont, anstatt geradeaus geknüppelt.
    MÖRK GRYNING klingen im Jahr 2020 trotz altbekanntem verdammt frisch.
    So leid es mir tut aber dieses Album bereitet mir mit jedem Hören mehr Freude, da sich die Feinheiten erst nach und nach herauskristallisieren.

    Meine Wertung würde auch so an die 9 Punkte kratzen.

      1. Das war ein unterschwelliger Ausdruck meiner Freude. Als ich das Album das erste Mal freitags nach der Maloche hörte, rauschte es voll an mir vorbei. Man kennt es ja: Alltagsstress und in Gedanken woanders.
        Nach etlichen Hördurchgängen würden meine 9 Punkte stehen bleiben.

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