Review Mushroomhead – A Wonderful Life

Am Nu Metal scheiden sich seit jeher die Geister: Innovative Verknüpfung verschiedener Einflüsse unter Berücksichtigung durchaus genrefremder Elemente für die einen, Anbiederung an den Kommerz und nicht ernstzunehmende Teenie-Mucke für die anderen, handelt es sich bei der in den späten Neunzigern entstandenen Schublade weniger um eine eindeutig definierte Musikrichtung als vielmehr um ein Sammelbecken unterschiedlichster Stile. Seit 1993 aktiv gehören MUSHROOMHEAD zu den Nu-Metal-Prototypen und theoretisch kann die Kombination aus Metal, Rap und Elektronik auch heutzutage durchaus ihre Berechtigung haben – wenn sie denn ansprechend umgesetzt wird. Ob dies den acht Musikern auf „A Wonderful Life“ gelungen ist?

Von der Ur-Besetzung ist inzwischen lediglich Schlagzeuger Steve „Skinny“ Felton übrig, am grundsätzlichen Strickmuster der MUSHROOMHEAD-Kompositionen haben die vielen Besetzungswechsel allerdings wenig geändert. Groovige Drums, fette und eher tief gestimmte Gitarren, harte Shouts in den Strophen, abgelöst von melodischen Gesangspassagen im Chorus – das Ganze garniert mit ein bisschen Synthie-Klimmbimm: So lassen sich die 17 Songs auf knapp über 70 Minuten wohl am besten zusammenfassen.

Spiel- und tontechnisch völlig in Ordnung, fehlt es „A Wonderful Life“ an etwas ganz Essentiellem, etwas, was viele Platten aus den späten Neunzigern zu Genüge in hoher Qualität geboten haben: Hits. Und in Anbetracht dessen, dass das achte Album der Band aus Cleveland so verdammt lang geworden ist, ist dieser Mangel auch ausgesprochen eklatant. Die Arrangements sind vorhersehbar, viele Harmonien generisch, nichts bleibt so richtig im Ohr hängen oder überrascht – aber das Album nervt auch nicht wirklich, denn dafür ist es in seiner Gesamtheit einfach zu belanglos.

Einziger wirklicher Lichtblick auf „A Wonderful Life“: Feltons Ehefrau Jackie LaPonza, die Jason Popson (Rap, Shouts) und Steve Rauckhorst (Clean Gesang) an den Mikrofonen unterstützt und ihre Sache wirklich toll macht. So haben (zugegebenermaßen ziemlich poppige) Songs wie „The Heresy“ oder „Carry On“ zumindest einen kleinen Hauch von Ohrwurmcharakter. Wenn man ganz doll die Augen zumacht, klingt Rauckhorst in manchen Stimmlagen sogar fast ein kleines bisschen wie Mike Patton zu Faith-No-More-Zeiten (ohne dessen stimmliche Qualitäten ernsthaft zu erreichen) – was nicht unbedingt verwunderlich ist, da MUSHROOMHEAD die Band durchaus zu einem ihrer Haupteinflüsse zählt.

Und auch das instrumentale „To The Front“ (ziemlich coole Atmosphäre) oder das (überraschend glaubwürdig) wütende „Sound Of Destruction“ (übrigens unbegreiflicherweise ein Bonus-Track) machen ein bisschen Spaß, schaffen es aber trotzdem nicht, die Nummer insgesamt rauszureißen. Schade eigentlich, blitzt doch immer wieder das theoretische Potential, so etwas wie Hits zu schreiben, zwischen den Zeilen auf. Die klassisch-orchestralen Einschübe in Form von Intro, Interlude und Outro sind dagegen völlig uninspiriert und überflüssig.

Obwohl die Kombination aus besagten Elementen zeitlos sein und auch rund 20 Jahre nach der Hochphase des Nu Metal funktionieren sollte, haben überraschend wenige Bands aus der Zeit wirklich die Kurve gekriegt, konnten an alte Erfolge anknüpfen oder diese sogar toppen. Korn und Slipknot (mit letzteren hatten MUSHROOMHEAD eine über zehn Jahre andauernde Fehde aufgrund des sehr ähnlichen Auftretens mit Masken) wären hier natürlich als Positiv-Beispiele zu nennen, die trotz einiger schwächerer Alben nach der Jahrtausendwende immer wieder für den einen oder anderen Killer gut waren/sind – und sich vor allem musikalisch und konzeptionell weiterentwickelt haben. Bei MUSHROOMHEAD hat man eher das Gefühl, dass einer längst vergangenen Ära hinterhergetrauert wird – und „A Wonderful Life“ beweist, dass Trauer nicht unbedingt ein Katalysator für herausragende, düstere Musik sein muss.

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Wertung: 4.5 / 10

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