Mystras - Empires Vanquished And Dismatled Cover

Review Mystras – Empires Vanquished And Dismantled

Historische Schlachten, Kriege und der Aufstieg und Fall lange vergangener König- und Kaiserreiche sind Gegenstand unzähliger Metal-Songs. Kampfeslustig rufen Amon Amarth zu den Waffen, mit stolzgeschwellter Brust besingen Iced Earth die blutigen Taten ihrer Landsmänner – und verklären dabei die Hintergründe mitunter in einem Maß, das als Glorifizierung kritisiert werden kann. Das griechische Folk-Black-Metal-Projekt MYSTRAS nimmt sich dieser Themen auf seinem zweiten Album „Empires Vanquished And Dismantled“ hingegen differenzierter an. In seinen Songtexten schildert der Solomusiker Ayloss geschichtliche Begebenheiten wie die Kreuzzüge nicht nur eingehender, als es im Metal üblich ist, sondern ordnet diese auch in ein antiimperialistisches und antikolonialistisches Framing ein.

Ein Blick in die Texte ist als Anhaltspunkt für ein tieferes Einlesen in die Materie nicht nur durchaus lohnend, sondern zum Verständnis wegen Ayloss‘ wüster, unscharf abgemischter Screams auch notwendig. Musikalisch ist „Empires Vanquished And Dismantled“ indes nicht so verkopft, wie es die zwar interessanten, aber weder besonders prägnant noch elegant formulierten Texte befürchten lassen.

Die furiosen Black-Metal-Tracks, die das Album dominieren, erreichen zwar Ausmaße von rund sieben bis 15 Minuten („The Fall Of The Kingdom Of Jerusalem“), sind jedoch derart mit Gitarrenspiel der epischsten Sorte und überwältigendem Drumming vollgepackt, dass man stets von Anfang bis Ende mit MYSTRAS mitfiebert. Das Highlight bildet in dieser Hinsicht „To The Builders!“, das die packendsten Riffs der gesamten Platte enthält, mit orientalisch wirkenden Clean-Gitarren und Gesängen aufwartet und inhaltlich den Erbauern großer Monumente gewidmet ist – und zwar nicht etwa den herkömmlich so bezeichneten Bauherren, sondern den – oft zwangsverpflichteten – Arbeitern.

Mittelalterlich inspirierte Akustikstücke wie das beinahe opernhaft intonierte Flüchtlingslied „Wie schändlich es ist“ und Instrumentals mit exotisch anmutenden Klangerzeugern wie der türkischen Ney und der im arabischen Raum gebräuchlichen Santoor („Cheragheh Zolmezalem“) lockern das Album an mehreren Stellen auf. „Empires Vanquished And Dismantled“ ist sowohl musikalisch als auch thematisch aufregend, allerdings hört man ihm überdeutlich an, dass MYSTRAS aus dem tiefsten Underground heraus agiert. Das über eine Stunde lange Album ist in jedweder Hinsicht ziemlich grob zusammengezimmert – von den teils erratischen Kompositionen über die wackelige Performance bis hin zur dumpfen, unausgewogenen Produktion.

„Empires Vanquished And Dismantled“ ist kein perfektes Kunstwerk. Wenn es sich jedoch ein Musiker erlauben darf, sich sein DIY-Ethos an die Brust zu heften, dann Ayloss, der auf dem Nachfolger von „Castles Conquered And Reclaimed“ (2020) einmal mehr mit dem Mythos der großen Männer aufräumt und den bis heute unter haltlosen Herrschaftsansprüchen Leidenden seine Stimme leiht. Davon abgesehen hat MYSTRAS hiermit schlichtweg ein verdammt mitreißendes Album geschaffen – holprige Umsetzung hin oder her. Geschichtsbegeisterte, die ihren Black Metal gerne roh und episch mögen, traditioneller Musik anderer Kulturen offen gegenüberstehen und etwas Fundierteres als Primordial-Frontmann Alan Averills fragwürdigen Podcast hören wollen, werden von MYSTRAS gewiss angetan sein.

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Wertung: 7 / 10

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