Review Nasheim – Jord Och Aska

  • Label: Northern Silence
  • Veröffentlicht: 2019
  • Spielart: Black Metal

Über zehn Minuten lange, konsistente Songs zu schreiben, ist nicht einfach. Hält man sich zu lange mit einem bestimmten Motiv auf, riskiert man, auf halbem Wege das Interesse des Hörers zu verlieren. Zu viel Abwechslung kann hingegen dazu führen, dass der Track sprunghaft oder zerstückelt wirkt und daher besser in mehrere, kürzere Stücke unterteilt werden sollte. Der schwedische Einzelmusiker Erik Grahn hat sich diesem Seiltanz mit seinem Black-Metal-Projekt NASHEIM von Anfang an furchtlos gestellt, sodass es auf seinem Debüt-Full-Length „Solens Vemod“ bereits nur noch einen Song gab, der die Zehn-Minuten-Marke knapp unterschritt. Mit „Jord Och Aska“ öffnet Grahn fünf Jahre später nunmehr das zweite Kapitel von NASHEIM und enthüllt dabei eine außergewöhnliche Platte, die nicht nur aufgrund ihrer songlängen als abenteuerlich bezeichnet werden kann.

Dass NASHEIM die Gesamtspielzeit von einer knappen Dreiviertelstunde auf gerade mal drei Stücke verteilt, von welchen das erste allein die Hälfte der Laufzeit für sich beansprucht, zeugt gewiss von großen Ambitionen, sagt jedoch freilich nichts darüber aus, ob die Kompositionen gehaltvoll genug sind, um in einem solchen Monstrum von einem Track die Spannung durchwegs aufrechtzuerhalten. Erfreulicherweise ist Grahn dieses Kunststück mit dem besagten Opener „Att Sväva Över Vidderna“ unzweifelhaft gelungen. Gemächlich setzt sich das Stück mit trübseligen Clean-Gitarren in Bewegung, die später einen verwässerten Gothic-Ton annehmen, bald treten gleichfalls schwermütige Streicher hinzu und schließlich setzen auch die Drums ein. Richtig in Fahrt kommt der Song jedoch erst nach über fünf Minuten und es braucht wiederum einige Zeit, bis Grahn der Instrumentalisierung seine kräftigen Screams beifügt.

NASHEIM nimmt sich viel Zeit, um nach und nach eine Stimmung der Hoffnungs- und Ausweglosigkeit aufkommen zu lassen, die sich in den ruhigeren Passagen genauso manifestiert wie in den stürmischen Black- oder den schwerfälligen Doom-Abschnitten. Es bedarf gewiss einiger Geduld, sich „Jord Och Aska“ aufmerksam anzuhören, dennoch zieht sich das Album zu keiner Zeit in die Länge, obwohl die drei Stücke derart fließend ineinander übergehen, dass es ebenso gut ein einziger, überlanger Track sein könnte. Die Arrangements sind stets konsistent, schweifen aber weit genug aus, um mit dem einen oder anderen Höhepunkt aufhorchen zu lassen.

Vor allem stimmlich liefert NASHEIM hier ein Highlight nach dem anderen ab: Selten hört man im Black Metal derart dramatische Clean-Vocals wie auf „Sänk Mig I Tystnad“ und auf „Grå De Bittert Sådda Skogar“ macht Grahn mit seinen rauen Gesangskünsten sogar Niklas Kvarforth (Shining) Konkurrenz. Während Akustikgitarren und herbstliche, wehklagende Streicher den Abschlusstrack zu einem letzten Crescendo führen, werden die Screams sogar derart intensiv, dass man meinen könnte, Grahn wollte sich seiner Stimmbänder gewaltsam entledigen.

NASHEIM hat mit „Jord Och Aska“ eine musikalisch und gesangstechnisch einmalige Platte kreiert, die anspruchs- und stimmungsvoll ist, aber keinesfalls über das Ziel hinausschießt. Das trübsinnige Geigenspiel in den beiden Longtracks, die flüssigen Riffs, die gefühlvollen unverzerrten Gitarren und nicht zuletzt die ausdrucksstarken Vocals prägen sich dauerhaft ein und kreieren im Zusammenspiel eine durch und durch bedrückende Stimmung. Eine große Achillesferse hat „Jord Och Aska“ jedoch: Dem Album wurde unglücklicherweise ein viel zu schwächlicher, farbloser Sound verpasst, der die Tracks ein wenig ihrer emotionalen Wucht beraubt. Dennoch sollte man sich von diesem Dämpfer nicht davon abhalten lassen, NASHEIM Gehör zu schenken.

Wertung: 7.5 / 10

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