Review Necrytis – Countersighns

Kennern der amerikanischen Szene dürfte der Name Toby Knapp nicht ganz unbekannt sein, war er doch als Gitarrist die treibende Kraft hinter den großartigen Onward, die zu Beginn des Jahrtausends mit „Evermoving“ und „Reawaken“ zwei hinreißend unprätentiöse und handwerklich überragende US-Metal-Scheiben aufgenommen haben. Leider endete die Karriere der Truppe viel zu früh und als 2012 Sänger Michael Grant starb, mussten auch mögliche Aussichten auf eine erneute Zusammenarbeit ad acta gelegt werden. Umso größer ist jetzt die Freude, dass Knapps neue Band NECRYTIS mit „Countersighns“ genau da anzusetzen scheint, wo Onward seinerzeit die Segel strichen.

Die musikalischen Parallelen sind jedenfalls unverkennbar. Wie bereits bei den seligen Onward bedient sich der Heavy Metal von NECRYTIS an europäischen und amerikanischen Vorbildern, wobei weitestgehend zugunsten geradliniger Songaufbauten auf Bombast verzichtet wird. Die Songs kommen meistens relativ schnell auf den Punkt und bieten eingängiges, hin und wieder aber auch geradezu vertracktes, proggiges Riffing (wie beispielsweise bei „Sentry’s Scream“), das einen passablen Kontrast zu den eher klassischen Metal-Krachern vom Schlage „Praetorian X“ oder „Palace Of Agony“ bietet. Dabei gelingen NECRYTIS immer wieder wunderbar eingängige Gesangsspuren und Refrains, wobei vor allem letztere erfrischend unorthodox ausgefallen sind und von der gekonnten Inszenierungen durch Sänger und Schlagzeuger (!) Shane Wacaster leben. Seine klare, hohe Stimme (die ihrerseits Reminiszenzen an Onward wach werden lässt) fügt sich bestens ins Riffing und verleiht den Songs den nötigen emotionalen Anstrich.

Besondere Erwähnung verdient die Gitarrenarbeit von Toby Knapp, der sich die ganze Spielzeit über auf höchstem Niveau verausgabt. Und obwohl sein Spiel die typischen Signaturen jener Gitarreros aufweist, bei denen man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass Technikbeherrschung hier vor allem Moment eines ausufernden Ich-Managements ist, gelingt es Knapp, aus Skalenraserei, ausladenden Arpeggio-Läufen und klassischen Rock-Licks eine knallende und mitreisende Mischung zu kreieren. Sein Gitarrenspiel ist jederzeit songdienlich, steht nicht selten gleichberechtigt neben dem Gesang und ist definitiv ein Höhepunkt des Albums, das ich allen US-Metal-Fans wärmstens empfehlen möchte.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

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