Review Neoheresy – Obława

Während einige Bands ihre Fans oft jahrelang auf ein neues Album warten lassen, sie dann aber im Gegenzug nicht selten mit über einer Stunde neuem Songmaterial beschenken, geht F. mit seinem Soloprojekt NEOHERESY die Sache anders an. Erst 2012 gegründet, veröffentlicht der polnische Pagan-Metaller mit „Obława“ bereits sein viertes Album, obwohl es schon 2016 mit „Potop“ ein neues Werk gegeben hatte. Mit nur 30 Minuten Spielzeit ist das aktuelle Full-Length jedoch kaum länger als eine gewöhnliche EP. Gewöhnlich ist hier indes fast nichts, denn von stereotypem Pagan Metal ist „Obława“ stilistisch meilenweit entfernt.

Dass NEOHERESY ein eher ungewöhnlicher Name für ein Projekt ist, das sich dem Heidenmetall verschrieben hat, kommt nicht von ungefähr. Das bestätigt schon das Intro „Preludium“, welches der Platte mit melancholischen, sanften Gitarren, atmosphärischen Keyboards und Symphonic-Elementen stimmungsvoll den Weg bereitet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bands des Genres, die nach einem solchen symphonischen Auftakt den Rest des Albums nur noch mit typischen Metal-Stilmitteln füllen, geht NEOHERESY den darauf eingeschlagenen Pfad konsequent weiter.
Natürlich greift auch der polnische Einzelgänger schon mal zu kernigen Screams, hymnischen Gesängen oder epischem Tremolo-Picking („Cmentaria“). Doch viel charakteristischer für den Sound von NEOHERESY sind die unglaublich atmosphärischen orchestralen Klänge, allen voran die verheißungsvollen Chöre, aber auch die Streicher und Bläser sowie die eisigen, geheimnisvollen Keyboards („Powrócą…“). Auch mit akustischen und cleanen Momenten wird nicht gegeizt, insbesondere den unverzerrten, bedeutungsschweren Gitarren im Titeltrack wohnt eine ergreifende melancholische Stimmung inne.
Dass NEOHERESY die E-Gitarren öfters ganz aussetzen lässt oder eher unauffällig in den Kompositionen positioniert, führt dazu, dass „Obława“ erfrischend unkonventionell, aber gleichzeitig auch stimmig klingt. Bedauerlicherweise gibt es allerdings einen Teilbereich, in dem NEOHERESY ganz und gar nicht überzeugen kann: die Produktion. Diese klingt nämlich furchtbar hohl und unausgeglichen, was den sonstigen Hörgenuss leider immens trübt. Zwar hört man die einzelnen Instrumente an sich ausreichend gut heraus, dennoch geht dadurch einiges an Atmosphäre verloren.

Es ist wirklich bedauerlich, dass es NEOHERESY offenbar an den Mitteln oder Fähigkeiten fehlt, seine Musik angemessen klingen zu lassen, denn rein musikalisch ist „Obława“ ein wahrhaft bemerkenswertes Album. Die Songs sind allesamt wirklich eindrucksvoll, episch und ganz ohne kitschigen Pathos, trotz des symphonischen Anstrichs. Da kann man wirklich nur hoffen, dass NEOHERESY dieses Manko bald hinter sich lassen kann, dann darf es gerne auch noch ein längeres Nachfolgealbum werden. Wer über den eher schlechten Sound des Albums hinwegsehen kann, sollte das jedenfalls unbedingt tun, dieses Album ist nämlich etwas Besonderes.

Wertung: 6 / 10

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