Review Old Man Gloom – Seminar IX: Darkness Of Being

Die letzten Studioalben liegen sechs Jahre zurück, vor vier Jahren noch ein Lebenszeichen in Form eines Livealbums und schließlich der tragische Tod von Bassist Caleb Scofield (Cave In) im Jahr 2018 – das Erscheinen eines neuem Albums von OLD MAN GLOOM erschien immer unwahrscheinlicher. Aber wie so oft führte der Tod eines geliebten Menschen zu einem Aktivitätsschub im Schaffen der restlichen Band um Aaron Turner (Mastermind der nicht mehr aktiven Post-Metal-Legende Isis) und Nate Newton (Converge). Die Lücke, die Scofield am Viersaiter hinterließ, wurde mit Stephen Brodsky (ebenfalls Cave In) in angemessener Weise geschlossen und neben einer hohen Live-Präsenz brachte man auch Zeit im Studio zu: Das Resultat ist „Seminar IX: Darkness Of Being“, der erste von wohl zwei neuen Longplayern.

Hier muss man kurz ausholen: OLD MAN GLOOM machten sich schon in der Vergangenheit mit „The Ape Of God“ einen Witz daraus, ein Album anzukündigen und ein zweites gleich mitzuschreiben und zu veröffentlichen. Im genannten Fall sogar mit identischem Artwork, lediglich Katalognummern und Barcodes ließen Rückschlüsse auf die vorliegende Version zu. Für dieses Jahr war der Plan: Im Mai sollte das schon länger angekündigte Album „Seminar VIII: Light Of Meaning“ erscheinen und eine Woche vorher, ohne Ankündigung, Teaser oder ähnlichem das vorliegende Werk „Seminar IX: Darkness Of Being“. Aber dann veränderte ein Virus die Welt und OLD MAN GLOOM zogen das Release für letztgenannte Platte kurzerhand vor.

Lange Rede kurzer Sinn: „Seminar IX: Darkness Of Being“ ist trotz unfreiwilligem Personalwechsel und sechs vergangenen Jahren in vielerlei Hinsicht ein typisches OLD-MAN-GLOOM-Album, bestehend aus harten Sludge-/Post-Metal-Passagen, elektronischen Noise-Collagen, repetitiven Strukturen und den typischen, stilistisch sehr unterschiedlichen Growls von Turner und Newton – cleane Gesangspassagen, wie sie Scofield zu Lebzeiten beigesteuert hat, gibt es nun auch von Brodsky, der sich aber stimmlich merklich von seinem Vorgänger (der auf dem vorliegenden Release aber immer noch mit einzelnen Bassspuren und Vocals, die er vor seinem Tod eingespielt hat, vertreten ist) unterscheidet. Besonders gut hörbar im Albumcloser „Love Is Bravery“, der um Minute drei beinahe Assoziationen zu Alice In Chains weckt und auch insgesamt ziemlich melodisch daherkommt.

„Seminar IX: Darkness Of Being“ ist allgemein (gerade im Vergleich zu den chaotischen, noisigeren Frühwerken) beinahe zugänglich geraten. Harte Prügelpassagen wie im mantra-artigen Opener „Procession Of The Wounded“ oder dem Zehnminüter „Canto De Santos“ wechseln sich mit durchaus melodischen Parts oder sogar Songs wie dem akustischen „Death Rhymes“ (featuring Mamiffers Faith Coloccia) ab. „In Your Name“ wartet sogar mit einer Fuzz-Gitarre und einem ziemlich groovigen Stoner-Riff auf, bevor die Nummer in eine beinahe schmerzhafte Feedback-Effektpedal-Kakophonie umkippt, die sich gewaschen hat.

Abwechslung ist also gegeben, ein gewisses Maß an Zugänglichkeit sicher auch – trotzdem ist „Seminar IX: Darkness Of Being“, wie die anderen OLD-MAN-GLOOM-Alben auch, nicht für jedermann. Die rauhe, ungeschliffene und fette Produktion lässt sogar die schönen Momente in einem düsteren Licht erscheinen und die harten Abschnitte zehren durch ihre sich steigernden Wiederholungen schon auch merklich an den Nerven. Wer sich aber darauf einlässt wird mit einem atmosphärischen, hässlichen, groovigen, modernen, abwechslungsreichen, schönen, schleppenden, repetitiven und noisigen Stück Metal… oder so… belohnt. Fans von Converge oder Sumac können blind zugreifen, sind aber gewarnt.

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Wertung: 8.5 / 10

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