Review Omnia – Pagan Folk

Es liegt wohl in der menschlichen Natur, dass das Auge an den akustischen Erwartungen maßgeblich beteiligt ist. Schenkt man dieser Theorie Glauben und dem sehr aufwändig wie liebevoll gestalteten Cover von „Pagan Folk“ einen Blick, so hat man hohe Erwartungen an dieses Album. Aber dass die elf auf diese Scheibe gepressten Songs der niederländischen Band OMNIA ein dermaßen stimmiges und rundes Gesamtbild abgeben, kann kaum erahnt werden.

Mit „Tine Bealtaine“ wurde ein perfekter CD-Opener gefunden. Von der ersten Sekunde an ist klar, dass dieses Album seinen eigenen, ganz besonderen Herzschlag besitzt. Mit der gelungenen Kombination aus mitreißendem Rhythmus und eingängiger Melodie macht der erste Song Lust auf mehr. Aber die „Geduld“ wird sofort mit dem zweiten Lied, einem irischen Traditional mit Namen „The Well“, das ein bisschen poppiger als der Vorgänger arrangiert wurde, belohnt. Spätestens nach dem zweiten Track ist nur allzu deutlich, dass Omnia sowohl stimmlich perfekt harmonieren, wie auch der enorm breit gefächerten Instrumentenpalette Unglaubliches entlocken können. Die dominanten Melodieinstrumente sind in jedem Fall Harfe, Drehleier und Didgeridoo (sowie jegliche Abwandlungen davon), was in „Pagan Polska“ beispielhaft demonstriert wird. Hier spielt ein mitreißender Part mit einem zweiten, etwas ruhigeren Teil, der nach vertonter Waldstimmung klingt und von der skandinavischen Polka inspiriert wurde.

Bis zu diesem Punkt hat das Eigenleben der CD den Zuhörer zum Mittanzen, -singen oder -zucken animiert. In „En Avant Blonde“ wird dem „Organismus“ der Platte (und des Zuhörers) die erste und einzige Verschnaufpause in Form eines wunderschönen und ruhigen, von der Harfe dominierten Eineinhalb-Minuten-Stücks gegönnt, welches gleichzeitig als Intro zum nächsten Highlight dient. Und ja, ich spreche bewusst vom Organismus der CD, denn diese Scheibe lebt eindeutig! Keine Spur von synthetischer Musik oder sterilem Studiosound, sondern viel mehr unglaubliche Energie und hingebungsvolle Freude an packenden Melodien.

Thematisch beschäftigt sich das Ensemble auf dieser Scheibe teils mit etwas makaberen Darstellungen des Kreislauf des Lebens, was in dem bereits von mehreren Bands gespielten Stück „Twa Corbiez“ verdeutlicht wird (zwei Raben sichern sich ihr Überleben durch die Leiche eines Ritters). Doch thematisieren die Musiker auch diversen keltische Gottheiten, denen sie gleichzeitig ihre musikalischen Kreationen widmen. „Teutates“ ist hier ein nennenswertes Beispiel, da es nicht nur die keltische bzw. germanische Gott-Thematik behandelt, sondern gleichzeitig ein musikalisches Tribut an das Mittelalter-Genre darstellt.
Womit wir uns auch ganz langsam, aber sicher dem großen Finale, einem Live-Stück namens „Sidhenearlahi set“, nähern. Doch bevor man das zuerst noch recht gemäßigte, dann aber richtig aufregende und drängende Stück genießen darf, wird man noch in den Genuss eines „An Dro“s und eines orientalisch angehauchten Songs gebracht, welcher im ersten Moment aufgrund des exotischen Rhythmus und der ungewohnten Melodieführung etwas unpassend wirkt, nach kurzem Zuhören jedoch als sehr erfrischend klingt und sich letztendlich doch wieder perfekt in das Gesamtkonzept einfügt.

Alles in allem handelt es sich meiner Meinung nach bei Omnias „Pagan Folk“ um das perfekte Vorzeigealbum dieses Genres – ohne jeglichen Leerlauf, dafür mit einer Vielfalt an Instrumenten und einer wunderbaren Balance zwischen Gesangs- und Instrumentalteilen. Trotz der oftmals ähnlich anmutenden Stücke besitzt jedes einzelne seinen eigenen mitreißenden Charakter.

Wertung: 10 / 10

Publiziert am von Uschi Joas

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert