Review Osi And The Jupiter – Nordlige Rúnaskog

Versuchte man, OSI AND THE JUPITER bloß anhand des Titels ihres dritten Albums „Nordlige Rúnaskog“ geografisch einzuordnen, so wäre Skandinavien wohl die naheliegendste Wahl. Dabei ist das 2015 von Sean Kratz gegründete Pagan-Folk-Projekt eigentlich in den USA angesiedelt. Dies bedeutet freilich nicht, dass es Kratz nicht freistünde, sich von nordeuropäischer Folk-Musik inspirieren zu lassen. So klingt der Nachfolger des 2017 erschienenen „Uthuling Hyl“ tatsächlich wie eine dezent amerikanisierte, glücklicherweise jedoch keineswegs nach Hollywood-Manier auf Hochglanz polierte Sammlung archaischen Liedguts von diesseits des Atlantiks. OSI AND THE JUPITER zählen demnach zu der umjubelten Schar an Bands wie Wardruna, deren vorzeitlich anmutende Musik die Menschen auch heute noch zu verzaubern vermag.

Ihren größten musikalischen Schatz präsentieren OSI AND THE JUPITER auf „Nordlige Rúnaskog“ gleich zu Beginn: Kakophonix‘ vielgestaltiges, berührendes Cellospiel, welches dem Album auf so schwermütige wie elegante Weise den Weg bereitet und den oft nur sporadisch mit Gesang versehenen Liedern in weiterer Folge als tragender Stützpfeiler dient. Mögen die Pagan-Folker hinsichtlich der übrigen Instrumente von Song zu Song mitunter auch krasse Veränderungen durchlaufen, so setzen die Streicher nie sonderlich lange aus, passen sich aber doch auch immer den jeweiligen Gegebenheiten an.

In den urtümlicheren Nummern wie „Ettr Storman“, die den Hörer mit knorrigen Schamanengesängen und natürlicher Perkussion im Geiste auf ein ausgelassenes Ritual einstimmen, streicht Kakophonix alles andere als zimperlich über die Saiten, wohingegen das Cello in den tendenziell moderneren, zum Teil fast schon in Richtung Bluegrass gehenden Stücken wie dem herzergreifend wehmütigen „Much Wisdom Is Such Grief“ feinfühliger eingespielt klingt. Ein weiteres Kernelement im Repertoire von OSI AND THE JUPITER stellen die urigen, melancholischen Klänge der Akustikgitarre dar, welche hier meist eher grob gezupft wird, in ein paar Nummern aber auch anmutig durch die Arrangements tänzelt („Dødelig Fartoy“).

Zu der weitgehend traditionellen Folk-Instrumentierung gesellen sich allerdings auch zeitgenössische Ambient-Einflüsse hinzu, die den Tracks in begleitender Funktion durchaus mehr Tiefe verleihen („Ymir“), auf sich allein gestellt jedoch wenig Wirkung zeigen („Nordlige Eik Tre“). Die ohnehin schon protzige Spielzeit von 70 Minuten erweist sich demnach leider doch immer wieder als überflüssige Geduldsprobe. Generell hätten OSI AND THE JUPITER „Nordlige Rúnaskog“ noch ein bisschen besser trimmen können. So hörenswert viele der einzelnen Stücke auch sein mögen, die eher unspektakulären Exemplare wie etwa das über zehn Minuten laufende „The White Elk“ ziehen das Album dann doch unnötig in die Länge.

„Nordlige Rúnaskog“ ist gewiss keine Platte, die man jedem Folk-Fan vorbehaltlos ans Herz legen kann. Der oftmals schiefe Gesang – besonders schlimm ist diesbezüglich das Grölen zu Beginn des erst nach und nach hymnischer werdenden „Galdr Föder“ – darf getrost als gewöhnungsbedürftig bezeichnet werden und das Schreiben langer und zugleich durchwegs mitreißender Songs haben OSI AND THE JUPITER offensichtlich noch nicht ganz gemeistert. Dennoch findet sich auf dem dritten Album des Duos auch eine Menge wirklich schöner, auf urtümliche Weise besinnlicher Kompositionen, die für sich genommen jedenfalls ausgereicht hätte, um ein auf voller Länge begeisterndes Full-Length-Album zu füllen. Bleibt also nur noch zu hoffen, dass OSI AND THE JUPITER in Zukunft etwas wählerischer mit ihrem eigenen Material umgehen werden.

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Wertung: 7 / 10

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