Review Pendragon – Pure

Ganze vier Jahre sind vergangen seit dem letzten PENDRAGON-Studiowerk „Believe“. Auf jenem Album hatten Nick Barrett & Co. ihren traditionellen, keyboardlastigen und süßlichen Neoprog mit einigen esoterischen Ambientklängen und Ethnogesängen angereichert.

Mit „Pure“, das die Band über das eigene Label bereits Ende 2008 vertrieb und das jetzt über InsideOut auch hierzulande in die Plattenläden kommt, soll einiges anders werden. Nicht wenige Rezensionen sprechen von einer absoluten Kehrtwendung und Neuerfindung der Band, wollen die Engländer jetzt im New Artrock-Genre angesiedelt sehen und gar noch auf eine Stufe mit Aushängeschildern wie Porcupine Tree stellen. Ihre logische Schlussfolgerung: Für Fans der klassischen PENDRAGON-Süße ist „Pure“ nur schwer verdaulich.

An dieser Stelle sei allerdings zur Beruhigung gesagt: Das stimmt so nicht. Zwar reichern die vier Herren seit neuestem ihren harmoniegetränkten Sound mit ein paar härteren Gitarren und sogar (ziemlich simplen) Riffs an und haben die Keyboards weit in den Hintergrund befördert, wo sie beharrlich sanfte Klangteppiche weben – aber, und das wird schnell klar: Die alten Muster sind noch da! Der 13-minütige Opener „Indigo“ fährt nach für PENDRAGON äußerst rasanten sieben Minuten in der zweiten Hälfte dann doch ein endlos langes, episches Gitarrensolo in bester David Gilmour-Tradition auf, das nur kurz durch Gesang unterbrochen wird und den Track in jene Sphären entgleiten lässt, die schon den Vorgänger auszeichneten. Fans und Freunden der Band sollte jedenfalls spätestens bei diesem Gitarren-Orgasmus das Wasser im Munde zusammenlaufen. Das darauffolgende „Eraserhead“ kommt bereits weniger kernig und knackig daher als „Indigo“ in seiner ersten Hälfte, bietet aber in neun Minuten einiges an Abwechslung und viele gute Passagen, ganz ohne den üblichen kompositorischen Leerlauf. Beachtenswert!

Mit dem überlangen Dreiteiler „Comatose“ kippt die Platte dann allerdings in die Belanglosigkeit. Die einzelnen Teilstücke lassen sich getrennt anwählen und haben leider auch keinerlei musikalischen Zusammenhalt. Die Übergänge, insbesondere vom Plastikklassik-Ende von „View From The Seashore“ zum darauf folgenden „Space Cadet“ sind quasi nicht vorhanden und somit wirklich frech. Schade. Auch kommt es hier verstärkt zum Einsatz der altbekannten, langweiligen PENDRAGON-Vocallines, von denen „Pure“ bis zu dieser Stelle verschont geblieben ist. Ein Lichtstreif am Neoprog-Horizont ist „The Freak Show“, das wiedereinmal mit unfassbar simplen Riffs startet, aber mit im späteren Verlauf durch stimmungsvolles Songwriting und eine gelungene, sogar ziemlich ohrwurmige Hauptmelodie gewinnt. Das abschließende „It’s Only Me“ fällt ähnlich wie der „Believe“-Abschlusstrack „Edge Of The World“ eher melancholisch und nachdenklich aus, überrascht zu Beginn mit Mundharmonika, hat einen ordentlichen Text und dürfte Fans des ‚alten‘ Sounds zusagen.

Zusammenfassend kann man festhalten: Mit „Pure“ legt die Combo eines ihrer besten Alben vor und beweist, dass auch nach mehr als 25 Jahren Bandgeschichte noch Innovationen möglich sind. Dazu kann man den Jungs nur gratulieren und hoffen, dass möglichst viele der langjährigen Fans den frischeren Klang akzeptieren und vielleicht sogar gut heißen. Leider kränkeln aber auch auf „Pure“ einige Songs, insbesondere „Comatose“ an kompositorischem Leerlauf und schlechten Spannungsbögen. Schade, denn der Ansatz ist sehr gut.Die Special Edition bietet eine Bonus-DVD mit dem 84-minütigen Film „A Handy-Cam Progumentary“.

Wertung: 7 / 10

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