Plebeian Grandstand - Rien Ne Suffit Cover

Review Plebeian Grandstand – Rien Ne Suffit

Black Metal ist ein sich immerzu veränderndes Konzept. Was in den 80er Jahren als rumpelnde, dezidiert satanistische Variation von Thrash Metal begann, wurde in der darauffolgenden Dekade zunehmend eigenständiger und klanglich radikaler. Heute steht den melodischen, symphonischen und kommerzialisierten Stilrichtungen eine soundtechnisch ebenso moderne, jedoch besonders dissonante, groteske Form des Genres gegenüber. Früher oder später gewöhnt man sich jedoch selbst an die unheimlichsten Spielarten des Black Metal – irgendwann hat man gefühlt alles gehört, was Gitarre, Bass und Drums hergeben. Sogar und gerade die Abgebrühten, die vermeintlich nichts mehr beeindruckt, könnten durch PLEBEIAN GRANDSTAND und ihr viertes Album „Rien Ne Suffit“ jedoch ihr blaues Wunder erleben.

Zum Fürchten war das kalkulierte Chaos der Franzosen schon auf ihren ersten drei Platten. „Rien Ne Suffit“ ist jedoch weitaus angsteinflößender als es eine bloße Fortsetzung der bis einschließlich „False Highs, True Lows“ (2016) von PLEBEIAN GRANDSTAND verschuldeten Mischung aus Black Metal und Mathcore sein könnte. Haben elektronische Elemente in Form von Ambient und Noise bereits in ihrem bisherigen Schaffen dezente Nebenrollen gespielt, so hat die Band nun den Death Industrial als dominanten Stil für sich entdeckt – in den Händen einer solchen Musikgruppe ein fataler Fund.

Adrien Broués Screams, die so qualvoll klingen, als werde er bei lebendigem Leib durch einen Fleischwolf gepresst, unterlegen und durchdringen PLEBEIAN GRANDSTAND nun mit einer entsprechenden Geräuschkulisse. Synthesizer und elektronischer Lärm schürfen sich mitleidlos wie eine rostige Bohrmaschine in das Gehör, brutal pumpende Beats und röhrende Sounds wie über Asphalt schlitternde Reifen verdrängen mitunter sogar die misstönenden Gitarrenriffs und Highspeed-Drums („Nous En Sommes Là“). Die Vielseitigkeit und Zielsicherheit, mit der PLEBEIAN GRANDSTAND die Sinne malträtieren, ist beeindruckend.

Obwohl Melodien in ihrem Wirken kaum Platz finden und ständig ein Break den nächsten jagt, ist nicht zu überhören, dass der Wahnsinn der Franzosen Methode hat. Welcher Gedanke hinter dem geradezu leblos klingenden Applaus, der „Angle Mort“ in „Espoir Nuit Naufrage“ übergehen lässt, dem jazzig geklimperten Piano am Ende von „Jouis, Camarade“ und den immer wieder surreal gebeugten Gitarrentönen steckt, kann man nur erahnen. Dass diese und andere Details von PLEBEIAN GRANDSTAND bewusst eingesetzt werden und die Songs auf eine unerklärliche Weise interessant machen, lässt sich indes nicht abstreiten.

Auf „Rien Ne Suffit“ schlagen PLEBEIAN GRANDSTAND nach ein paar gewaltigen, aber noch recht konventionellen Platten einen scharfen stilistischen Haken. Obwohl man beim Hören mitunter das Gefühl bekommt, einem wild gewordenen Wackelkontakt zu lauschen, und sich schuldig fühlt, die eigenen Lautsprecher oder Kopfhörer einer solchen Tortur zu unterziehen, kommt man doch nicht umhin, die Band für ihre Kontrolle über dieses Musikmonstrum zu bewundern. Gegen die Ausgeburt einer klanglichen Industriehölle, die PLEBEIAN GRANDSTAND damit auf die Welt losgelassen haben, kann der ach so extreme Lo-Fi-Black-Metal der 90er Jahre einpacken.

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Wertung: 8.5 / 10

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