Review Porcupine Tree – Nil Recurring

In der langen Geschichte von PORCUPINE TREE ist „Fear Of A Blank Planet“ eindeutig das atmosphärisch dichteste Werk der Briten. Für diese dichte Stimmung opferte Wilson einige extrem starke Songs, die die Band aber auf eigenen Merchandiseständen unter dem Namen „Nil Recurring“ unter das Volk brachte. Dank Peaceville Records kommt nun auch die breite Masse auf den Genuss dieses Mini-Albums, das im Pappschuber mit einem sehr stimmigen Cover kommt.

Die EP startet mit dem Titeltrack „Nil Recurring“. Während sich Robert Fripp bei „Fear Of A Blank Planet“ nur an der Geräuschkulisse von „Way Out Of Here“ zu schaffen machen durfte, kann sich der Progpionier von King Crimson bei diesem Instrumental an der Gitarre austoben. Klanglich entsteht gleich beim ersten Lied ein komplett anderer Eindruck als bei „Fear Of A Blank Planet“. War der große Bruder über weite Strecken ruhiger, fast nachdenklich, wirkt „Nil Recurring“ aggressiver, rockiger und vor allem experimentierfreudiger. Bei „Normal“ handelt es sich um eine alternative Version des Songs „Sentimental“, der insgesamt spannender und, so ironisch dies klingen mag, auch sentimentaler gestaltet ist als der Gegenpart auf dem Album. Bei der halben Laufzeit von „Normal“ folgt ein kurzer Ausbruch von Aggression, der derart überraschend und dennoch überzeugt auf den Hörer einbricht, dass sich sogar kurz mein Puls erhöht, bevor eine durch mehrstimmigen Gesang getragene Melancholie die Hauptrolle übernimmt. Hier kommt mir auch das erste Mal die Frage in den Sinn, warum es diese Kleinode nicht auf das fertige Album geschafft haben.

„Cheating The Polygraph“ beginnt balladesk und getragen. Abermals spielen der überraschend drückende Refrain und der Instrumentalteil die Hauptrolle. PORCUPINE TREE gehen hier derart verspielt und rockende an die Sache heran, wie es viele dem routinierten Wilson wohl nicht mehr zugetraut hätten. Geniale Klangwände werden aufgebaut und enden in einer Klimax, die den Hörer wortlos zurücklässt. Und dann noch das abschließende „What Happens Now?“. Progressive Percussionarbeit leitet auf eine über allen stehende Atmosphäre über, die sich auf einen Komplexitätsgrad steigert, der auf „Fear Of A Blank Planet“ nur selten zu hören war. Und gleichzeitig zieht Wilson die bildlich gesprochene Schlinge um den Hals des Hörers immer enger zusammen, bist der aufgebaute Druck körperlich zu spüren ist. Göttlich!

Niemals hätten diese Schätze der Briten auf ihren Festplatten verstauben dürfen. Das wäre ein Frevel für die Musikwelt gewesen. Nach dem für mich immer noch sehr guten „Fear Of A Blank Planet“ wirkt „Nil Recurring“ trotzdem wie ein frischer Wind. Ich bin richtig froh, dass Wilson immer noch bereit ist zu experimentieren. Dadurch bietet diese EP mehr Überraschungsmoment als „Fear Of A Blank Planet“. Und das bei nur 29 Minuten Laufzeit! Ich hoffe nun wirklich, dass PORCUPINE TREE in Zukunft diesen Weg weiterverfolgt, denn nur so werden sie ihre Position in der Szene behaupten können.

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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