Review Rabenschrey – Exzessivus

Um RABENSCHREY kurz formlos vorzustellen, werde ich dreisterweise einfach den Anfang vom Waschzettel zu ihrem neuesten Werk „Exzessivus“ abtippen: „Am Anfang war der Heide. Und der sprach nicht „Es werde Licht“, sondern pinkelte mit einem heiseren Kichern den Standards des mittelalterlichen Folks ans muffige Beinkleid.“ – und genau diesen Anspruch bzw. diese Herangehensweise beherzigen die Musiker auch im zehnten Jahr des Bandbestehens bei ihren Songs aus dem selbst betitelten „Metalalter“. Leider geht dieses Konzept der absoluten Narrenfreiheit bei der neuesten VÖ nur in Teilbereichen auf.

So gleicht „Exzessivus“ sowohl musikalisch als auch gesanglich einer wilden Achterbahnfahrt. Während Rabenschrey bei „Heiden tanzen“ kackdreist (oder einfach nur basierend auf ihrem Freiheitsdenken?) die komplette Melodiefolge des Dropkick Murphys Hits „Shipping Up To Boston“ klauen, versuchen sie sich mit dem siebten Track „Veris“ als x-te Kapelle an der Vertonung des lateinischen Veris Dulcis. Da hilft selbst das aufgepeppte Aufnahmeequipment und die passende musikalische Ausgestaltung der Themen nicht, um die fehlende Kreativität zu kompensieren.
An Donars Gesang werden sich die Geister hingegen scheiden: Zu ebenfalls vertraut klingenden NDH-Nummern wie „Der Kreis“ oder dem Industrial-lastigen „Kraftvoll“ schafft sein Stimmbild die passende Atmosphäre, doch sobald die verbliebenen Mittelalterfragmente schnelle Tonfolgen erfordern, erreicht der Rabenschrey-Mastermind schneller seine Grenzen als er die Flöten für die sporadischen Instrumentalparts zücken kann.

Was „Exzessivus“ wiederum liebenswert macht, ist das allgegenwärtige Augenzwinkern und die damit verbundene Gesellschaftskritik in Titeln wie „Wünsch dir was“. Zwar schnuppern Rabenschrey mit Textfragmenten wie „Bück dich Fee“ etwas zu nah am Rammsteinauspuff, doch durch den in diesem Fall unabstreitbaren Eigenbeitrag der Band kann man über derlei Anleihen hinwegsehen. Manche Traditionen dürfen durchaus beibehalten und modernisiert werden, sofern die Ursprünge noch erkennbar sind.
Mit „Ich hasse euch“ schreit sich Donar schließlich den gesamten Frust von der Seele – mehr als er ihn singt. Allerdings macht in diesem Fall die Verbindung aus seiner Stimme und den hervorragenden Gitarrenakkorden von Ivaldis das Stück zu einem Anspieltipp.
Dies kann man vom tief-sarkastischen „Sumpf“ leider nicht behaupten, denn obwohl der Albenabschluss zweifellos zynisch gemeint ist, driftet er zur sehr ins Lächerliche. Hier führt der beißende Freiheitsdrang die Rabenschrey’sche Heidenmusik leider völlig ad absurdum.

Generell fehlt es dem gesamten Album an potentiellen Klassikern, die die Reihe von „Hey wir sind Heiden“ und „Templerschaf“ fortsetzen. Allerdings kann man sich als Freund der härteren Mittelalterklänge mit der WAHREN neuen deutschen Härte durchaus ein paar Stunden beschäftigen, ohne dabei von eintönigen Flöten gelangweilt oder von sich stetig wiederholenden Riffs erschlagen zu werden.Auf der anderen Seite sucht man ein echtes Konzept und einen roten Faden ebenso vergebens, so dass besonders die alteingesessenen Fans eher die Nase rümpfen werden. Denn ein neues „Tanze dir“ werden Rabenschrey wohl auch in Zukunft nicht mehr produzieren – schade eigentlich, denn der jetzige musikalische Pfad wirkt weit mehr ausgelatscht als die früheren Wege.

Wertung: 5 / 10

Publiziert am von

Ein Kommentar zu “Rabenschrey – Exzessivus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert