Review Ragnaröek – Dornig

Mit dem Album „Dornig“ legt die Schweriner Combo RAGNARÖEK bereits ihren dritten Longplayer vor. Als „Rag ’n’ Roll“ bezeichnen die fünf Musiker ihren Stil. Dabei würde es der Begriff „Mittelalter-Metal“ auch tun. Die auf „Dornig“ enthaltene Musik kommt nämlich als etwas raubeinigere Variante von Szenehelden wie In Extremo oder Saltatio Mortis daher. Gerade die Tatsache, dass bei RAGNARÖEK die Gitarren das dominante Element darstellen und der Sackpfeifen-Einsatz über weite Strecken recht moderat ausfällt, kommt einem als Metal-Hörer durchaus entgegen.

Eröffnet wird das Album mit dem Titel „Man(n) liebt dich“, der gewissermaßen eine Ode an die holde Weiblichkeit bzw. den geschlechtlichen Akt darstellt – um es vornehm auszudrücken. Bereits hier wird die musikalische Marschroute der Scheibe festgelegt: Assi-Rock der Marke Böhse Onkelz trifft auf Mittelalter-Elemente. Eine Assoziation, die wohl vor allem aufgrund der rauen Stimme des Frontmanns Charon der Fährmann (können sich diese Mittelalter-Kapellen bitte endlich ihre lächerlichen Pseudonyme abgewöhnen?) aufkommt. Ob einem diese Stimmfarbe zusagt, das ist natürlich eine rein subjektive Frage des Geschmacks. Dass man jedoch das Gefühl nicht los wird, dass der Sänger hier und da etwas am eigentlichen Ziel-Ton vorbei intoniert, das steht auf einem anderen Blatt und kann leider absolut objektiv herausgehört werden. Ein Umstand, den man glücklicherweise in den lauten und beschwingten Momenten von „Dornig“ leicht ignorieren kann, da die Gesangslinien hier nicht allzu komplex ausfallen. Bei einem Michael Rhein oder Kevin Russell verhält sich das auch nicht anders. Richtig schauerlich wird es allerdings in so manchem ruhigen Part. Besonders die Strophen von „Schach“, in denen Charon einen auf Lindemann macht, klingen eher gewollt als gekonnt. Ein Fährmann ist halt noch lange kein Seemann.
Das klingt jetzt alles so wahnsinnig negativ. Und doch ist an der Platte bei weitem nicht alles schlecht. Die astreinen NDH-Riffs von Songs wie „Mann“, „Hungrig“ oder „Gevadder“, welches sich am Ende des Albums noch einmal als Electro-lastiger Remix wiederfindet, machen einiges her, rücken RAGNARÖEK in die Nähe von Bands wie Megaherz bzw. Eisbrecher und verbreiten in erster Linie eines: Spaß und Feierlaune. Apropos Feierlaune: Der Chorus von „Alles dreht sich“ ist ein echter Ohrwurm und mit „Trinkfest 5-4-3-2-1“ hat man auch das obligatorische Trinklied nicht vergessen. Das Albumhighlight ist aber der Titeltrack mit seinen dezent dazu gemischten Akkordeon-Klängen und seinem einmal mehr äußerst starken Refrain.

Insgesamt haben RAGNARÖEK mit „Dornig“ also ein solides und für Mittelalter-Metal-Maßstäbe leicht überdurchschnittliches Album aufgenommen. Für Genre-Freunde kann man somit getrost eine Kaufempfehlung aussprechen. Alle anderen, denen In Extremo mittlerweile nicht mehr hart genug sind, dürfen aber auch gerne mal reinhören.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Nico Schwappacher

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