Review Roger O’Donnell with Julia Kent – Love And Other Tragedies

  • Label: 99 Times Out Of Ten
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Entmetallisiert, Neoklassik

ROGER O’DONNELL und JULIA KENT sind in der Musikwelt schon lange keine Unbekannten mehr. Ersterer besonders aufgrund seiner Arbeit mit The Cure, auf deren Meilenstein „Disintegration“ O’Donnell als Keyboarder zu hören ist und mit denen er bereits mehrfach die Welt betouren durfte. Letztere als renommierte Cellistin mit einer gefeierten Solokarriere und Engagements in Acts wie Anthony & The Johnsons. Dabei klingt „Love And Other Tragedies“ jedoch weder nach der einen noch nach der anderen Formation. Vielmehr erinnert das Gebotene an die atmosphärischen Kompositionen Ólafur Arnalds‘ – nur ohne deren elektronische Spielereien.

Was den Inhalt anbelangt, so liegt „Love And Other Tragedies“ ein Konzept zugrunde. Die Tatsache allerdings, dass die gesamte Platte rein instrumental gehalten ist, nur von Cello und Klavier getragen wird, macht aus dem Werk weniger ein Konzeptalbum im konventionellen Sinne, sondern eher ein Stück klassischer Programmmusik. Wie schon von den Komponisten der Romantik gerne praktiziert, werden hier bekannte Geschichten der Weltliteratur aufgegriffen und als thematisches Fundament verwendet. Im Falle von „Love And Other Tragedies“ sind es die Geschichten von „Tristan und Isolde“, „Orpheus und Eurydike“ sowie „Scheherazade“, die in drei Variationen zu je drei Sätzen von O’DONNELL vertont wurden. Herausgekommen ist dabei ein außerordentlich schönes Stück Musik, das Freunde zeitgenössischer, kammermusikalischer Klassik ohne Bedenken in ihre Sammlung aufnehmen können. Warme, ruhige, introvertierte Musik, perfekt als Untermalung verregneter Herbsttage auf dem Sofa, dunkler Winterabende vor dem Kamin, aber auch lauer Sommernächte auf dem Balkon. Die Idylle, welche die Musik über weite Strecken verbreitet, ist aber, zieht man das Konzept des Albums in Betracht, auch dessen Schwachpunkt. Besonders die von Lügen, Intrigen und Verrat durchdrungene Geschichte von „Tristan und Isolde“ ist durch ihre etwas einseitig romantische, zuweilen gar beschwingte Vertonung kaum in der Musik zu erkennen. Am ehesten gelingt es O’DONNELL im abschließenden, auffällig molllastigen „Orpheus und Eurydike“, die inhaltliche Schwere der literarischen Vorlage in der Musik zum Ausdruck zu bringen. Spielerisch weiß die Scheibe natürlich vollkommen zu überzeugen, wurde sie doch von zwei absoluten Könnern ihres Fachs eingespielt.

Wer also neben schwermetallischer Gitarrendröhnung auch die ruhigen Klänge von Klavier und Cello zu schätzen weiß, der sollte in „Love And Other Tragedies“ von ROGER O’DONNELL und JULIA KENT definitiv reinhören, auch wenn das zugrundeliegende Konzept nicht immer konsequent umgesetzt wurde. Auf CD ist das Album jedoch bisher nicht erhältlich, sondern nur auf Vinyl und als digitaler Download.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Nico Schwappacher

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