Ja, ein wenig verwundert war ich schon, als ich „Inferno“, den aktuellen Longplayer der Portugiesen SHADOWSPHERE, zum ersten Mal anhörte. Melodic Death Metal sollte es also sein, aber Moment mal: Hört sich das nicht irgendwie eher nach Metalcore an? Nun muss man nicht verschweigen, da es sowieso jeder weiß, dass Metalcore sich irgendwie ja auch aus dem melodischen Todesstahl entwickelte.
Und so will ich auch gar nicht lange über die vermeintliche Mogelpackung meckern, schließlich kann Metalcore auch sehr überzeugend daherkommen. Das Infosheet zieht dann zum Vergleich auch gleich mal (neue) In Flames oder As I Lay Dying heran und so ganz verkehrt liegt man damit eigentlich nicht. Nach einem Intro, welches bis auf die Namensgebung für das Album prinzipiell keine Relevanz besitzt, geht es mit zackigen Riffs und kernigem Drumming in die Vollen. Insgesamt bekommt man wenig Weltbewegendes geboten, vielmehr verlässt man sich auf eine ansprechende Wiedergabe schon häufig gehörter Songs – erstaunlicherweise wird dies im Info keineswegs zurückgewiesen, sondern mit Inbrunst bestätigt. Die Vocals bilden dabei in meinen Ohren allerdings einen kleinen Schwachpunkt, trotz gewaltiger Anstrengung schafft es Fronter Paulo nur selten, die Energie der Band aufzunehmen und noch zu steigern. Dafür arbeiten die Kollegen ordentlich drauf los, man scheut beispielsweise auch nicht vor Soloaktionen, die gerade im schnelleren Bereich häufig wenig passend wirken. Musikalisch passt es im Großen und Ganzen.
Eine weitere Problematik ergibt sich erneut an der Mikrofront: Mit Patrícia Rodrigues holte man sich eine weibliche Verstärkung ins Boot, aber auch sie (eigentlich müsste ich sagen: erst recht sie) kreiiert keine neuen Akzente, im Duett mit Paulo wirkt es sogar hier und da unfreiwillig komisch und nicht immer voll auf der (Ton-) Höhe. Der Einsatz von weiblichem Gezwitscher ist im Metalcore einfach ein zweischneidiges Schwert, denkt man mal an das letzte Album von Heaven Shall Burn. Trotzdem haben die Portugiesen einige anhörbare Songs geschrieben, der Quasi-Opener „Within The Serpent`s Grasp“ und das epische, achtminütige „Alone At The End Of The World“ (trotz weiteren female vocals) zeigen das Potential auf, welches die Band nun seit mittlerweile einer guten Dekade abzurufen versucht.
Guten Durchschnitt erzielen SHADOWSPHERE mit „Inferno“. Immer dann, wenn sie richtig Gas geben, wirds interessant und eine mangelhafte Beherrschung der Instrumente müssen sie sich auch nicht gefallen lassen. Der Sound ist mit ordentlich Schmackes ausgestattet und auch die Spielzeit von einer guten Dreiviertelstunde ist heutzutage absolut in Ordnung. Letztlich fehlt vielleicht der eine oder andere Song, der aus der Masse heraussticht, für Freunde des Genres bzw. der genannten Bands ist ein Testlauf sicher anzuraten.
Wertung: 7 / 10