2009

Review Sólstafir – Köld

SÓLSTAFIR, kaum zu glauben, dass diese Band mal schwarzen Pagan Metal gespielt hat, kaum zu glauben schon seit „Masterpiece of Bitterness“, erst recht aber jetzt mit „Köld“. Dass gut Ding Weile haben will, unterstreichen die Isländer also doppelt (wenn nicht dreifach). Denn ironischerweise haben sie, gerade durch die extreme Anreicherung ihres Pagan Metals mit Elementen aus genrefremden Einflüssen (zu welchen auf jeden Fall Post Rock gezählt werden muss) viel näher zu zu dem gefunden, was sie wohl ursprünglich aussagen wollten und womit Pagan Metal gerne mal umschrieben wird: Naturverbundenheit.

Los geht die Reise aber nicht in Island selbst, vielmehr geht’s mit „78 Days in the Desert“ erstmal direkt zu Kyuss nach Sky Valley. Ja, was hier aus den Boxen schallt, hat einfach diesen unantastbar stilvollen Stoner Rock-Vibe, fette Basslinien und breitwandige Gitarren sorgen hier für unnachahmlichen Wüsten-Flair. Obwohl es dabei nicht ganz so groovig (dafür atmosphärischer) zugeht, als bei den Ikonen aus Kalifornien und die Gitarren gerne in bester Post Rock-Manier kreischen, machen SÓLSTAFIR hier schonmal eine restlos überzeugende Figur.
Und so auch auf dem Rest des Albums, eine Song-By-Song-Rezension wäre zwar im Prinzip kein Problem und würde wahrscheinlich nichtmal langweilen, ist aber überflüssig. Denn egal ob sich nun Primordial, Anathema oder Sigúr Ros als Paten für diverse Passagen präsentieren, immer ist alles genial verpackt, aus einem Guss und unglaublich authentisch. Schwermütige Akustikparts bereiten vor auf tragende, treibende Stellen, die wie Kamerafahrten enlang der Küsten Islands wirken und dabei unvergleichlich klare, erzählende und doch emotionsgeladene, bewegungsreiche Bilder im Kopf entstehen lassen. Ich erwähnte es oben schonmal, komme aber nicht umhin abermals die Naturverbundenheit und Freiheit zu betonen, die SÓLSTAFIR auf „Köld“ ausstrahlen. Dass eine Band mal so authentisch, direkt und ehrlich gewirkt hat, habe ich eigentlich selten mal erlebt und den Isländern gelingt es im Handumdrehen. Vielfalt kommt aber trotzdem nicht zu kurz, gerade die zweite Hälfte des Albums wird ungleich düsterer als der erste Teil und wirkt mit depressiven Songs teils regelrecht verstörend. Aber auch auf das ganze Album bezogen unterscheidet sich jeder Song nicht zu knapp von seinem Vorgänger, nie verpasst man es auch, auflockernde, rockige Momente (4/5 von „She Destroys Again“) in die Musik einzubauen und so den Hörer wieder zu entlasten und die Spannung aufrecht zu erhalten. An „Köld“ gibt es nichts auszusetzen.

Wie der Band wohl auch aufgefallen ist, wäre es blöd gewesen, wenn es bei einem der defintiv schönsten Alben des noch jungen Jahres an den Rahmenbedingungen gescheitert wäre, weshalb „Köld“ mit klarer, druckvoller Produktion aufwartet, ohne dabei zu geschliffen und glatt zu wirken.
Auch die Musiker beherrschen ihr Handwerk dementsprechend gut, auch wenn natürlich vor allem Sänger Aðalbjörn Tryggvason hervorsticht, der sich offenbar von Kurt Cobain bis Alan A. Nemtheanga von allerlei Kollegen Stimmbänderpartien einpflanzen ließ.

Das Beste an diesem Album ist neben der Musik aber, dass es auch noch 70 Minuten dauert und damit Value for Money at its best bietet.
Manche Leser werden sich wohl denken „Die von Metal1, die spinnen ja, zücken dauernd Top-Noten, kriegen die Geld dafür!!!“, aber da „Köld“, nachdem „Masterpiece of Bitterness“ scheinbar vielen noch zu schwierig war, ohne Umschweife auf den Punkt kommt und von Anfang bis Ende atemberaubendes Material bietet, bleibt mir nichts anderes übrig, als wieder eine Note sehr nahe des „Meisterwerk“-Prädikats zu zücken.

Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

Ein Kommentar zu “Sólstafir – Köld

  1. Gerade nochmal gelesen und ich bin immernoch bestürzt über den fehlenden halben Punkt.. das ist ja immer Geschmackssache, aber was an dieser Scheibe noch besser hätte sein können erschließt sich mir so gar nicht. Ein zeitloses Meisterwerk nicht nur des Metal / Post Rock, sondern der Musik..

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