Review Sólstafir – Svartir Sandar

Nur zweieinhalb Jahre sind seit dem fulminanten „Köld“ ins Land gezogen. Zwei Jahre, in denen sich für SÓLSTAFIR in Form diverser Festivalauftritte und unter anderem einer Tour mit Code und Secrets Of The Moon zwar eine Menge tat, aber irgendwie eben nicht genug. Gerade die Tour mit bombenfest im Metal verankerten Bands zeigte, dass die Isländer – obwohl sie sicherlich auch von den Hörern dieses Sektors ausgiebig gefeiert wurden – aktuell einem viel zu begrenzten Publikum zugänglich sind, für größeren Erfolg vielleicht sogar dem falschen.

Auch das Doppelalbum „Svartir Sandar“ wird daran nichts ändern, obwohl es in knapp 70 Minuten Spielzeit nochmals deutlichst betont, dass die Black-Metal-Hörerschaft ungefähr die letzte ist, auf die SÓLSTAFIR mit ihrer heutigen Musik limitiert sein dürften. Die auf „Köld“ noch enthaltenen Metal-Restbestände wurden konsequent getilgt, ansonsten bleibt man dem Stil des Albums prinzipiell treu. Heißt: Ein drückendes Fundament aus Schlagzeug und wummerndem Bass, über dem erbarmungslos peitschende Gitarren die Tracks vorantreiben. Die Songs suggerieren in ihrer Struktur dabei zumeist eine Entstehung im Jam, füllt man doch mit wenigen Riffs Songlängen von bis zu zwölf Minuten – wohlgemerkt ohne dass sich dies Riffs dabei abzunutzen.

Dies ist zumindest die eine Seite der Band. Die andere, nicht minder faszinierende, manifestiert sich in ruhigen Psychedelic-Nummern, die häufig nur von sparsam eingesetzten Gitarrentupfern leben. Nach wie vor eindrucksvoll ist in beiden SÓLSTAFIR-Varianten Aðalbjörn Tryggvasons Gesang: Ob nun kläglich winselnd oder mit inbrünstigen Shouts – eine derart markante, ungeschliffene Stimmlage ist derzeit fast einzigartig. Überhaupt, die Faszination von SÓLSTAFIR liegt wohl primär in der Eigenständigkeit des Sounds, der zwar Elemente des Psychedelic Rock streift und auch mal im Stoner- oder Post-Rock Halt macht, dabei aber so charakteristisch und abwechslungsreich klingt, dass man von Vergleichen unbedingt absehen sollte.

Festigten die Isländer auf „Köld“ bereits den eigenen Stil und brachten mit Songs wie „78 Days In The Desert“ bereits einige Kracher an den Start, bleibt auf „Svartir Sandar“ mehr Zeit für das Experiment. Ob nun die unschuldigen Chöre in „Fjara“, die glockenhellen Klänge in „Æra“ oder die Sprachsamples in „Stinningskaldi“ und „Stormfari“: SÓLSTAFIR gehen ihre Songs deutlich lockerer und ungezwungener an als auf dem Vorgänger und wirken dadurch noch spannender und genreunabhängiger als zuvor. Seinen Höhepunkt findet dies in „Kukl“, dem Ende der ersten „Svartir Sandar“-CD, das zu Herzschlag-Rhythmus gänzlich introvertierte Klanggebilde malt und damit teilweise sogar an Ulver zu „Perdition City“-Zeiten erinnert.

Dass sich CD 1 und CD 2 nur marginal unterscheiden, ist insgesamt höchstens von sekundärer Bedeutung … lässt sich auf „Svartir Sandar“ doch (nicht zuletzt durch die isländische Sprache) ohnehin kein Konzept erkennen. SÓLSTAFIR machen Musik um des Musikmachens willen, das hört man und das ist der Grund, warum diese Band so viel Spaß macht. Einer präzisen Beschreibung entzieht sich die Musik wie erwähnt weiterhin. Doch nicht nur aufgrund dieser fehlenden Vergleichbarkeit machen SÓLSTAFIR einfach nichts falsch: Wer halbwegs aufgeschlossen gegenüber Psychedelic Rock, Post-Rock und Musik ist, die sich zugunsten der eigenen Klangwelt von Genres losgelöst hat, sollte mit „Svartir Sandar“ glücklich werden.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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