Review Smash Hit Combo – L33T

Es gibt immer wieder Bands, die für ihre Alben verschiedene Versionen anbieten, was den Gesang angeht. Dream Theater veröffentlichten eine komplett instrumentale Version ihres Albums „Black Clouds & Silver Linings“, The Ocean taten selbiges für ihr aktuelles Album „Pelagial“, da dieses ohnehin ursprünglich instrumental konzipiert war und die Vocals erst im Nachhinein eingesungen wurden. Die französische Rapcore-Formation SMASH HIT COMBO hat sich für ihr viertes Studioalbum „L33T“ auch etwas Besonderes einfallen lassen: Obwohl die Sänger und Rapper der Band ihre Texte auf allen vier Alben in ihrer Muttersprache vortragen, haben sie ihr aktuelles Werk in einer französischen und in einer englischen Ausgabe veröffentlicht.

Für die englische Version wurden allerdings nicht einfach nur die Texte übersetzt und exakt so noch einmal eingesungen, sondern die Truppe holte sich hierfür den US-amerikanischen Rapper und YouTube-Star None Like Joshua zu Hilfe, der seine vollkommen eigene Interpretation mit einbringen sollte. Das Ergebnis sind zwei Versionen, die instrumental nahezu identisch, von der Gesangsperformance aber komplett unterschiedlich sind und bei der die Tracks anders angeordnet sind.

Welche Version man bevorzugt wird wohl letztlich davon abhängen, wie man seinen Rapcore am liebsten mag. Die originalen Sänger von SMASH HIT COMBO arbeiten kaum mit Melodien. Fast sämtliche Texte sind durchgehend sehr aggressiv gerappt, selbst in Refrains werden die Texte gesprochen beziehungsweise als Rap, Shouting oder Screaming vorgetragen. Das Resultat ist ein wesentlich roheres, aber auch weniger eingängiges als bei der englischen Version. Gerade bei den Rap-Parts fällt auf, dass der Stil eher frei und im Tempo gemächlich ist. Selten gibt es mal wirklich Passagen, in denen das Tempo angezogen oder Doubletime eingesetzt wird. Das führt dazu, dass die Musik zwar einerseits lebendiger und „organischer“ – sofern man beim absichtlich wegen der Videospielthematik komplett auf Digitalsound getrimmten Album überhaupt noch von „organisch“ sprechen kann“ – andererseits fällt es auch nach mehreren Durchläufen noch schwer, einzelne Songs auseinanderzuhalten.

Wesentlich vorteilhafter fällt gerade in letzterem Punkt die Interpretation von None Like Joshua aus. Nicht nur verfolgt der Rapper einen komplett anderen Rapstil, nämlich wahnsinnig schnelles und fast schon wie eine Nähmaschine perfekt ins Raster eingebrachtes Silbengeballer, sondern in dieser Version hat sich die Band dazu entschieden, neben mehr Screaming auch Cleangesang zu verwenden, der stark an den des kürzlich verstorbenen Chester Bennington der Nu-Metal-Pioniere Linkin Park erinnert. Das hat zur Folge, dass das Album zwar wesentlich mehr nach glattem, auf den Mainstream abzielendem Material klingt, gibt den Songs aber zwangsweise mehr Dynamik und vor allem Wiedererkennungswert. Obgleich manche Refrains unnötig kitschig daherkommen („Falls Apart“, „Mind Split“), machen sie andere Songs, wie beispielsweise „The Prayer“, dessen französische Variante „Blackout“ sehr unscheinbar daherkommt, oder „Spin The Wheel“ (französisch: „Game Over“) zu echten Hits.

Musikalisch bietet das fast schon nach maschinell produziert statt von Menschen eingespielt klingende Album eine ausgefuchste, teilweise wahnsinnig vorantreibende Mischung aus Djent, Metalcore und Nu-Metal. Dass die Band sich entschieden hat, auf den inzwischen sehr billigen Trick des Breakdowns zurückzugreifen ist schade, bieten doch Tracks wie „Plan B“, „Mind Split“/„Court Métrage“ oder „Parasite“/„Ras Le Bol“ dermaßen viel mitreißenden Groove, dass derartige Mittel eher stören als helfen.

Mit „L33T“ haben die Franzosen von SMASH HIT COMBO ein stimmiges, modernes Album erschaffen, das seinen digitalisierten Computersound, im Gegensatz zu vielen anderen Djent-Produktionen der letzten Jahre, thematisch und konzeptionell sinnvoll einzusetzen weiß. Dass nicht jeder Song zündet, außerdem manche Songs in der jeweils anderen Sprache schwächer sind, verhindert zwar, dass das Album wirklich ein richtig großer Wurf werden wird, dennoch macht „L33T“ so viel Spaß wie schon lange kein Rapcore-Album mehr und zeigt eindrucksvoll, wie Linkin Park heute wohl klingen würden, wenn sie im Metal geblieben wären und sich dessen moderner Entwicklung angepasst hätten, statt zu Pop zu wechseln.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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