Review Soledown – MMX (EP)

  • Label: Eigenproduktion
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Rock

SOLEDOWN kommen aus Köln und machen ehrliche, handgemachte Musik – so zumindest der allererste Eindruck vor jeglichen Hörerlebnissen. Das Quintett arbeitet zur Zeit an seinem ersten Full-Length-Album, das dieses Jahr veröffentlicht werden soll, bis dahin muss uns die 2010 vorgelegte und hier besprochene 6-Track-EP „MMX“ genügen. In der Band-Info springt mich die Euphorie regelrecht an: Welch musikalisches Niveau! Wie unglaublich, dass diese Jungs noch keinen Plattenvertrag haben! Was darf man davon halten?

In der Tat, nach Genuss der gut 24 Minuten staune ich tatsächlich ob des beeindruckenden spielerischen Niveaus des Fünfers, bin von der erstklassigen (!) Produktionsqualität überrascht und frage mich ebenfalls, wieso der Fünfer noch nicht bei einem Label untergekommen ist. Ich erkläre auch gleich, warum das so unfassbar ist: Weil SOLEDOWN nämlich exakt so klingen wie die Legionen von Bands, die unter dem Etikett ‚Post-Grunge‘ Ende der 1990er Jahre auf MTV hoch und runter gespielt wurden: Creed, Nickelback, Godsmack, 3 Doors Down, Puddle of Mudd, und wie sie noch alle heißen, haben mit ihren Monsterriffs, ihren tiefen, donnernden Drumbeats und ihren pathetisch-hymnischen Refrains Millionenumsätze eingespielt. Diese Gruppen verkörpern wie kaum irgendetwas anderes all das, was heute im Rock’n’Roll tot und frei von Idealen ist. Sie bezeichnen sozusagen den letztendlichen Triumph des Kapitalismus über das, was irgendwann eigentlich mal als Kunstform gedacht war, oder um es plump zu sagen: Es ist Musik, die in den Chefetagen von Major Labels perfektioniert wurde mit dem Ziel, möglichst viel Geld zu machen.

SOLEDOWN reihen sich in diese Gesellschaft nahtlos ein. Diese Jungs sind für eine radiotaugliche Rockband so dermaßen generisch und nichts Besonderes, dass es fast schon schmerzhaft ist. Hier ein pompöser, mehrstimmiger Refrain, da ein paar harmonische Leadgitarren, dort etwas sanfte Streicher mit dezenten Pianoklängen – alles klingt schön durchkalkuliert, damit sich auch die Zuschauer des ZDF-Fernsehgartens angesprochen fühlen dürfen. Ich möchte den Kölnern hier keineswegs vorwerfen, dass es ihnen nur um den schnöden Mammon geht. Nein, womöglich sind sie wirklich mit Herzblut dabei – sie haben sich eben nur total bescheuerte Vorbilder ausgesucht und offenbar eine sehr kitschige, oberflächliche Vorstellung von Rock’n’Roll. Ironischerweise beteuern mir SOLEDOWN sogar schwarz auf weiß im Waschzettel, dass sie „kein seelenloser Mainstreamrock“ seien – und letztendlich doch genau das sind. Laute Gitarren, ein hämmerndes Schlagzeug und eine raue Rockstimme, die zusammen doch nur wie ein laues Lüftchen durch die Gehörgänge wehen und dennoch (oder gerade deswegen) das Potenzial haben, große Konzerthallen zu füllen.

Nun, wer Alben der oben genannten Bands im Regal stehen hat – im Hinblick auf die Verkaufszahlen sind das nicht wenige – und außerdem Integrität nur mit Mühe buchstabieren kann, darf auch guten Gewissens SOLEDOWN in all ihrer massentauglichen Mittelmäßigkeit abfeiern. Mit ihrem Stil wären sie im Vorprogramm von Genre-Giganten wie Nickelback sicherlich gut aufgehoben. Um genau zu sein, unterscheiden sich die Kölner auch nur in einem Punkt von den Kanadiern: Ihr Talent steht nicht im krassen Missverhältnis zu ihrem Bekanntheitsgrad und Erfolg. In diesem Sinne: Fans des Kommerz-Rock, vereinigt euch und kauft, kauft, kauft!

Keine Wertung

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