Das aktuelle, vierte Album der Mannen um Mastermind Thomas Wolf (Guitars,Backing Vocals, Producer und Songwriter) sticht durch ein sphärisch, High-Techmeets mysticmäßiges, aber dennoch überaus nichtssagendes Cover ins Auge. Beimersten Probehören im Laden wird dem zum neoklassischen Metal ala Hammerfallneigenden Hörer sofort warm ums Herz, sobald der Refrain des zweiten Tracks(der erste „Song“) ertönt. Vielstimmiger Chorgesang untermalt von hochklassigemGitarrenspiel und einer Rythmsection, die einen umgehend zum Headbangenverleitet ziehen sich bei weiterem durchhören durch die gesamte Platte. Leiderkann man sich in den meisten Läden kein genaues Bild machen, da nur kurzeAuszüge aus den Tracks zum anhören vorliegen, doch das bisher gehörte stimmtdurchaus positiv und in der Hoffnung auf den richtigen Riecher und hoffend, dassdie Ausschnitte wirklich den Gesamtsound des Albums wiederspiegeln (ist jaimmer mehr oder weniger ein Glücksspiel), nimmt man die CD gegen Barbezahlungmit nach Hause. Dort angekommen, wird der Silberling genauer unter die Lupegenommen: Das Intro mit dem vielversprechenden Titel „Genesis“ öffnet mit einem(besoffen)arabischen Gesang die Tür zu einer Platte, auf der sich eineorientalische Linie wie ein roter Faden mal stärker, mal blasser durch dieArrangements zieht. Der Rest des rhythmuslastigen Intros macht am Anfang wenig Sinn, rundet jedoch das Album ab, dazu doch später mehr. An eines sollte man sichgleich gewöhnen: Jeder Track beginnt mit einem sekundenlangen Intro, dass dieAtmosphäre und die Bedeutung des Songs vertieft. So beginnt der zweite Track“War of Troy“, passend zum Inhalt, der Eroberung Trojas, mit einem Gewitter,bevor Thomas W. mit seiner Gitarre den Song durch ein Riff eröffnet, dass eseinfach nur in sich hat und andeutet, was einen erwartet. Der Song selber istein echter Hammer: Straighte Drums und atmosphärische Keyboards gepaart mitdem choralen Gesang lassen jeden Metaller die eigene Einrichtung zertrümmern.Und was Herr Wolf durch den Verzerrer jagt, kann sich echt hören lassen.Heavy Metal.
Weiter geht es mit „The Man Behind The Iron Mask“, beginnend mit Wolfgeheul,Kettengeklirre und einem Schrei. Das Tempo wird jetzt etwas gedrosselt undin mittlerer Geschwindigkeit wird etwas oberflächlich über das Schicksal desberühmten Mannes mit der eisernen Maske gesungen. Aus dem Textstoff hätte anwirklich mehr machen können (müssen). Musikalisch zeigen sich jedoch auch hierkeine Schwächen, da die Stimmung von „War of Troy“ erfolgreichhinübergerettet wurde. Gut gefällt hier auch die Arbeit von Patrik Johansson (Drums), der den Song deutlich über das Midtempo-Einerlei der Szene rettet. Ebenfallsansprechend ist der Wechsel zwischen Solostimme und Chorgesang in der Strophe.Ein Headbanger der etwas langsameren Sorte, sehr gut umgesetzt. Als nächstes folgt der Titelsong „Reflections“. Der mysteriös düstere Beginwird meiner Meinung nach etwas zu abrupt von den einsetzenden Instrumentenunterbrochen. Tempomäßig wird hier nochmals ein halber Gang zurückgeschaltet,was dem Song nicht gerade gut tut, denn trotz der ersten ansprechenden Lyricsder Platte ist gerade der Titeltrack der erste Durchhänger und eher etwas fürchillige, gewittrige Nachmittage auf der heimischen Couch. Denn auch wennder Song von der Energie des Openers weit entfernt ist, bauen die dezentenKeyboards und der Refrain, der trotz 08/15 Aufbau eine Songaufwertende Funktionübernimmt (auf Deutsch: Er hat was!) eine entspannende Atmosphäre auf.Wirklich ein Song zum auf die Couch legen und entspannen, und das ist in bestemSinne positiv gemeint, jedoch meilenweit von einem wirklich guten Metalsongentfernt und als solcher eher Durchschnitt.
Doch der geneigte Metaller möchte schließlich kein Album zum entspannen, dakann er sich gleich Pink Floyd holen (auch im positivsten Sinne). So machtman sich auf die Suche nach dem nächsten Headbanger. Leider wird man auch bei“Illusion“ nicht fündig, doch der Song ist trotz „Reflection“-Tempo einedeutliche Steigerung. Mehr Energie, bessere Keyboards und, siehe da, ein echtguter, schneller Refrain, in den sich die Strophe hineinsteigert, der melodischtiefsinniger und intelligenter ist, als die bisherigen Arrangements. Man hatzum ersten Mal das Gefühl, die Jungs verstehen was vom Songwriting und nichtnur vom Riffs aneinanderfügen (obwohl die Riffs wirklich erste Sahne sind).Wieder großen Anteil am Song haben die Drums, die ordentlich Spannung aufbauenund im Chorus für echten Drive Sorgen. Die Lyrics knüpfen an das Niveau von“Reflections“ an und passen einfach zum Song. Außerdem dreht Thomas hier malwieder ordentlich auf und zum Ende hin kann er durch das Solo dem Song nochmehr Wucht geben, so dass einem der letzte Chorus ungleich schneller undheftiger vorkommt als der Rest. Ein echt gelungener Song, der einem wiederHoffnung auf den Rest gibt. Definitiv Daumen hoch.
Bei Track 6 wird der vorhin erwähnte Headbanger wieder nicht fündig-und dasist das Beste, was passieren konnte, den „Golden Tears“ ist eine der bestenMetalballaden, die ich kenne. Vielleicht neben Hammerfalls „Always Will Be“die beste, die es in neuerer Zeit in der Szene gab. Thomas W. leistet hierbeiwirklich erstklassige Arbeit und setzt seine Gitarrenlinien mit ungeheuer vielGefühl für die Stimmung ein. Der Refrain ist gleichsam melancholisch wieunglaublich schön und entführt die romantisch veranlagte Hörerschaft in ferneWelten. Nach dem ersten Chorus überrascht ein spanisch angehauchtesAkkustiksolo den Hörer, das jedoch nach einer halben Minute wieder zur E-Gitarre wird, was dem ganzen aber nicht schadet, denn der Einsatz des Verzerrers im Restdes Songs bringen eine Spannung und Sehnsucht in den Track, die einenerschrecken lässt, wenn der Refrain ausfadet. Eine geniale Nummer, die der Plattesaftige Pluspunkte bringt. Auch was für gewisse Stunden zu zweit :)
Bei „Queen for Nine Days“ wird man wieder auf den Boden der Metaltatsachenzurückgeholt, den der Song ist eine solide Heavynummer, die sich irgendwozwischen Mid-und UpTempo ansiedelt und alles bietet, was man erwartet. Schadenur, dass der melodiöse Gesang oftmals, vor allem im Refrain zu sehr in denKitsch abrutscht. Was bei „War of Troy“ noch songdienlich und gut war, wirkt hierleider zu oft ideenlos. Instrumental ist der Song solide gemacht und imGroßen und Ganzen erwartet man ja insgeheim so einen Song, dessen Grundideenschon bekannt sind und der oft genug eine Einordnung des Silberlings erleichtert.Dennoch hätte hier ein klein wenig Eigenständigkeit sowie ein bisschen mehrHärte und Kompromisslosigkeit nicht geschadet.“Dynasty“ fährt nun wahrlich auch keinen Ferrari, jedoch deutet dasIntroriff einen Headbanger der etwas langsameren Sorte an. Sobald jedoch die Strophekommt, rückt das Keyboard zu sehr in den Mittelpunkt – denkt man zuerst, denkomplett gesehen ist „Dynasty“ ein doch sehr rockiger MidTemposong, der sowohleinheizen, als auch entspannen kann, je nach Stimmung. Er ist also einer derwenigen Tracks, der alle Gemüter zufrieden stellen KANN. Sicherlich wird ernicht jedem gefallen, aber der im Verlauf des Songs doch recht dezenteGitarreneinsatz tut ihm wirklich gut. Auch gesanglich gibt es hier nichts zu meckernund der Refrain bewegt sich auf hohem Niveau. Solider Song, leider,überraschender Weise und gottseidank extrem der Stimmung des Hörers unterworfen.Das kann der nächsten Nummer „Assassin of Honour“ nicht passieren, denn dieist endlich wieder ein echter Boxenzerstörer nach dem Motto:
„Mach lauter!“
„Ich versteh nichts, die Musik ist zu laut!“
Nach dem virtuosen Schlagzeugintro empfängt einen ein Song in dem ThomasVikström seine beste Leistung auf dem gesamten Album zeigt. Der Gesang treibtden Song nach vorne und bildet zusammen mit der Rythmussektion einen ungeheuer kraftvollen Rahmen, den die Gitarre und die Keyboards exzellent ausfüllen. Hervorzuheben sind hier wieder mal die Drums. Allein die Bridge zwischenStrophe und Refrain entschädigt für den einen oder anderen Durchhänger, den mantrotz allem guten Willen doch eingestehen muss. „Assassin of Honour“ gehörtjedoch auf keinen Fall dazu und ist ein Paradebeispiel, wie das Album hättewerden sollen. Kraftvoll, treibend, purer Metal.
Der letzte Song „Ramses“ schließlich schließt den Kreis, den das Intro“Genesis“ geöffnet hat, denn das Intro ist nichts anderes als eine Umarrangierungvon „Ramses“. Der orientalische Einfluss ist hier besonders stark zu spüren und der Song an sich ist ein gelungener Abschluss. Atmosphärisch dicht und trotz mittleremTempo doch sehr kraftvoll und zum unbewussten mitbangen verführend wirdReflection zu einem logischen Ende geführt. Trotz des energiegeladenen Anfangs und des starken Endes und trotz „Golden Tears“ bleibt ein kleiner, faderBeigeschmack übrig, den man nicht genau bestimmen kann. Instrumental kann man nichts aussetzen und die Gitarrenarbeit bewegt sich stets auf einer sehr hohenEbene und manchmal noch darüber hinaus. Die Songs sind auch nicht wirklichschlecht. Selbst der schwächste Track (ironischerweise der Titelsong „Reflection“)liegt auf Standartniveau, auf keinen Fall darunter. Was ist es dann, waseinen zu einem Zögern verleitet, wenn man „Reflections“ bewerten will. Vielleichthätte man die Tracks in einer anderen Reihenfolge anbringen sollen, um denlangsamen Part in der Mitte nicht zu groß werden zu lassen. Entscheidetselbst. Man sollte es sich zumindest anhören und den Tracks eine Chance geben.
(Sören)
Wertung: 7 / 10