Review Strapping Young Lad – The New Black

Ob der Kollege Townsend die Band nun wirklich auflösen will oder nicht, steht in den Sternen. Fest steht nur, dass STRAPPING YOUNG LAD mit „The New Black“ vorerst noch mit einem neuen Knalleralbum am Start sind und damit für Gesprächsstoff sorgen. Anno 2006 hat der durchgeknallte Devin den Sound etwas reformiert. Das kontrollierte Chaos wurde ein wenig zurückgeschoben und weicht mehr und mehr Songstrukturen und Melodien. Nein, ein beschwingte melodische Metalscheibe kommt hier natürlich nicht bei rum.

STRAPPING YOUNG LAD sind weiterhin voll wütend, total verärgert und zelebrieren durchgehend voller Freude Hass und Ärger. Schon mit „Decimator“ legt die Truppe von Sekunde 1 an los und haut einem mit dem Thrashbrocken direkt ins Maul und entzückt gleichzeitig mit nahezu banalen Melodien. Ein Wutklumpen, der seinesgleichen sucht, steht gleich danach mit „You Suck“ an, bei dem es textlich erwartungsgemäß nur darum geht, dass alle möglichen Fuckers ziemlich sucken. Eine Liebeserklärung an den Hass. Beim „Anti-Product“ wird dann erstmal das Tempo gedrosselt und nahezu chillig dahingegroovt und zwischendrin hört man plötzlich eine Big Band fröhlich vor sich hinjazzen. Nach dem anstrengenden Auftakt gönnt man sich hier die erste Vier-Minuten-Entspannungszigarette.
Spätestens mit dem konfusen Dreierpack „Monument“ / „Wrong Side“ / „Hope“ treten wieder verstärkt Industrialelemente in den Vordergrund, die das ganze Songgewebe recht klinisch und sehr schwer durchdringlich gestalten. Das mit der akustischen Entspannungszigarette war also dringend nötig und kam zum richtigen Zeitpunkt, sonst wären jetzt bereits erste Hirnwindungen abgeraucht. Nun steht eine weitere Liebeserklärung an. Diesmal an den Metal, und diese ist wohl der Höhepunkt der neuen Schwärze. „Far Beyond Metal“, zum ersten mal in einer Studioversion, worüber sich alle alteingegessenen SYL’er freuen dürften wie die kleinsten Kinder. Mehr „Lied“ war wohl noch kein Stück in der Geschichte der Band. Geniale Melodien, einfach geile Riffs, Hooklines und ein überraschender Rock’n’Roll- und Abgehfaktor. Und was Devin mit seinem Klargesang im Refrain abliefert, ist einfach über alles erhaben. Viereinhalb Minuten pure Genialität!
Der Industrial-Newmetal-Midtempo-Stampfer „Fucker“ hat es im Anschluss daran sehr schwer, kann durch seine Coolness und den Ghostbusters-Vibe (ich warte jedes mal wieder auf ein „who you gonna call“ bei dieser Melodie…) aber trotzdem erfreuen und sorgt für reichlich Abwechslung. „Almost Again“ macht das auch. Anfangs denkt man bei der im Grundtenor ruhigen Nummer noch an die Devin Townsend-Band, würde hier nicht zwischendrin von Hoglan geblastet und gebrüllt. Trotz der barbarischen Arbeit am Drumkit wirkt das Lied durch sein schönes Chaos gar entspannend und klebt im Ohr drin fest. „Polyphony“ dient dann nur noch als Einleitung für den abschließenden Titeltrack, und „The New Black“ legt direkt daran mit galoppierenden Riffs, Headbanging-Zwang und düsterer Stimmung los und braucht auch ein paar Durchläufe, um richtig zu zünden.

Die Melodien und Strukturen tun den Songs merklich gut. Eingängig ist zwar immer noch was völlig anderes, aber ein wenig leichter zugänglich als früher sind SYL ohne Zweifel. Auf dem gleichen hohen Niveau wie eh und je bewegt sich die Instrumentalfraktion. Die Saitenabteilung knallt groovende, krachende und schneidende Riffs aus dem Ärmel und Gene Hoglans Schlagzeugspiel ist eh über jede Kritik erhaben und braucht eigentlich fast schon gar nicht mehr gesondert erwähnt werden. Über allem trohnend steht Devin Townsends Stimme. Der Mann kann schreien, growlen, kreischen, klarsingen und was auch immer man mit Stimmbändern machen kann – er macht es, und das immer gut bis überragend. Zum Killeralbum gehört aber auch immernoch die Killerproduktion. Dazu reicht als Kommentar wohl, dass SYL ihre Killerlizenz mit rippenbrechender Bravour abgelegt haben. Die Aufmachung der Scheibe ist übrigens einfach herrlich. „The New Black“ ist aussen weiß und die Bookletseiten sind rosa, orange, hellblau.
Diese knapp 42 Minuten am Stück durchzuhören (48 mit Bonustracks), verlangt die vollste Aufmerksamkeit und Konzentration des Hörers. Lasst euch nicht ablenken, oder Devin und seine Freunde treten euch mit Stiefeln die Fresse blutig; wie es Chuck Norris mit einem wuchtigen Roundhouse-Kick nicht besser könnte; damit ihr beim nächsten mal entweder gleich eine andere CD einlegt oder es lernt, zuzuhören und STRAPPING YOUNG LAD euere volle Aufmerksamkeit zu widmen.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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