Review Stunned – And This Would Be Her Neck (EP)

Wenn derzeit junge Knaben (und es sind nun mal vorrangig Männer die dies tun – Gender Mainstreaming hin oder her) zu Instrumenten greifen, um harte Musik zu machen, kommt in den meisten Fällen Metalcore heraus. Dass ist nicht weiter schlimm, ist nun mal auch jeder Produkt seiner Zeit. Wenn die sechs münsteraner Burschen von STUNNED dies ein paar Jährchen früher getan hätten, wär aus ihnen halt eine Viking Kapelle geworden. Damals, zu meiner Zeit, wollten irgendwie noch alle klingen wie Blind Guardian, naja, nach denen schreit heute ja kaum noch ein Hahn, scheint also wirklich schon etwas länger her zu sein…
Bevor ich mich jetzt aber völlig in Nostalgie verliere zurück zu den sechs Knaben aus Münster. Bereits 2006 veröffentlichten sie nach einer Demo ein Debutalbum mit dem Namen „Inner Urge“. Drei Jahre später folgt die nun vorliegende EP, welche auf den Namen „And This Would Be Her Neck“ hört und bei der man zumindest produktionstechnisch nichts anbrennen lassen wollte. Die Reise ins Rape Of Harmonies Studio (Heaven Shall Burn, Neaera, Narziss) hat sich definitv gelohnt, klingen die fünf Stücke doch sehr (ein)druckvoll und transparent aus den Boxen. Die Rahmenbedingung scheinen also zu stimmen.

Nun ist es mit dem Metalcore – wie mit allen überlaufenen Musikrichtungen – so eine Sache. Spätestens seit den kommerziellen Erfolgen von Caliban und Konsorten wird hier eifrig im eigenen Saft gebadet und ein Kollos aus gleichklingenden und -aussehenden Bübchenbands erzeugt. Täglich trudeln in der Redaktion Reviewanfragen von neuen ultra harten Klons ein, so dass der emsige Redakteur sich genötigt fühlt bei jeder Gelegenheit schnell wegzuducken. Doch wie überall gibt es neben vielen konturlosen Schafen auch einige Perlen im Genre. Junge Bands, die versuchen ihr eigenes Ding innerhalb bestimmter Genregrenzen zu machen und dazu zählen definitiv STUNNED. Schon die Besetzung mit zwei Sängern zeigt, dass das Verhältnis vom meist völlig überproduzierten Klargesang für den Kitschrefrain und den wilden Screams und Growls etwas ausgewogener als üblich sein könnte. Auch wenn der erste Track noch ziemlich belanglos und mit allen genretypischen Elementen auskommt wird bei „The Fountain“ schon etwas freier aggiert und die Band bekommt langsam ein eigenes Gesicht. Fette Downtempo Teile, verspielte Rhythmen und etwas länger klar gesungene Passagen machen deutlich hier möchte eine Band zeigen was in ihr steckt. Das folgende „Suppress“ – eine Halbballade (!) – unterstreicht nochmal das Potential besonders desjenigen Sängers der für die ruhigeren Passagen zuständig ist: Tolle Intonation, tolle Stimme und schön gefühlsbetont gesungen mit manchmal etwas zu starkem Hang ins Weinerliche. Dass besonders das unterlegte Schlagzeug nicht gerade auszeichnungswürdig ist, fällt dabei kaum ins Gewicht und wird vom sich anschließenden 1a göteborgschen Todesteil aufgefangen.
Die letzten beiden Stücke langen dann nochmal richtig zu, mit zweistimmigen Shouts, viel Tempowechseln und durchdachten Melodien bei durchgehend hohem Härtegrad. Während STUNNED es schaffen bei „Surpas“ noch eigenständig zu klingen, wirkt der letzte Song „End This“ trotz Pianointro wieder eher belangloser.

Insgesamt ist „And This Would Be Her Neck“ jedoch eine durchaus vorzeigbare Scheibe geworden. STUNNED bemühen sich die engen Genregrenzen zu dehnen, ihren eigen Stil zu finden ohne dabei zu stark von den Vorbildern oder herkömmlichen Rezepten abzuweichen. Ob das bisher gezeigte ausreicht um auf einer ganzen Platte zu überzeugen bleibt jedoch fraglich. Der Mittelteil der EP macht zumindest Lust auf mehr und wenn die Jungs bis dahin nochmal etwas an ihren technischen Fähigkeiten und ihrer songschreiberischen Routine feilen, kann auch dass funktionieren. Bis dahin sind 5€ für fünf Stücke kein schlecht angelegtes Geld, reinhören lohnt sich allemal.

Keine Wertung

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