Review Surgical Meth Machine – Surgical Meth Machine

Es gibt Drogensüchtige, Musiker und drogensüchtige Musiker, Ex-Drogensüchtige, ex-drogensüchtige Musiker – nur Ex-Musiker gibt es nicht. Musiker bleibt man ein Leben lang, egal, was dieses mit einem anstellt, oder was man mit diesem anstellt. Al Jourgensen, Mastermind der Industrial-Legende Ministry, ist der lebende Beweis dafür: Mit den Drogen konnte er aufhören, mit der Musik kann er es nicht. Die Folgen: Projekte wie SURGICAL METH MACHINE.

Gesundheitlich wieder halbwegs in Schuss, wie auch das Röntgenbild seines generalsanierten Gebisses auf dem Cover verdeutlicht, und mit den wiederbelebten Ministry anscheinend nicht ausgelastet, versucht sich der Exilkubaner auf seinem Projekt-Debüt „Surgical Meth Machine“ daran … Ja, woran eigentlich? Den Gedanken hinter Ministry weiterzuspinnen? Mitnichten. Sich musikalisch zu verwirklichen? Vielleicht. Dem Hörer ein Gefühl davon zu vermitteln, was es bedeutet, auf Drogen zu sein? Definitiv.

Mit „I’m Sensitive“ startet „Surgical Meth Machine“ so brutal wie stumpf: Nach einer typischen Jourgensen-Ansage feuert der Revolting-Cocks-Fronter aus allen Rohren: Stumpfe Highspeed-Beats zucken wie akustisches Strobo durch den Raum, dazu schreit Jourgensen, als sei er nun endgültig verrückt geworden. Ausschließen lässt sich das anhand dieses Albums zumindest nicht.
Nachdem der Hörer die „Systematic Desensitisation“, die in Track zwei verkündet wird, durchlebt hat, sind die Gehirnfunktionen zumindest so weit heruntergefahren, dass man sich über gar nichts mehr wundert – sei es das komplett abgefuckte „I Don’t Wanna“, in dem ein verrückt gewordener Saxophon-Spieler kaum mit der Absurdität des punkigen Gesangwirrwarrs mitzuhalten vermag. Oder das zerhackte Chaos aus Samples und Beatfragmenten, „Unlistenable“, bei dem Al Jourgensen zumindest soviel Musikverständnis beweist, als seine mit dem Titel abgegebene Einschätzung zu 100 Prozent zutrifft. Oder „Spudnik“, der nächste fiese Trip nach der fast schon spießig-cheesigen Industrial-Metal-Nummer „Gates Of Steel“. „Just Go Home“! Würde ich ja… bringt mich jemand heim? „Just Keep Going“! OK, OK, ich hab’s verstanden. „I’m Invisible“! Ja. Amen. Mittlerweile schallen Trance-Synthies und Drum-’n‘-Bass-Beats aus den Boxen. Vielleicht auch Breakcore. Vielleicht. Dazu eine Melodie wie aus einem 60er-Jahre-Film. Das Jahrtausend? Unklar. Der Rezensent verabschiedet sich vom Osterhasen und hoppelt davon.

Man könnte Al Jourgensen jetzt loben. Für seinen kreativen Mut, für seine Fuck-Off-Mentalität, seine Ironie. Für ein Album, dem man anhört, dass sein Erschaffer keinen Fick darauf gibt, was andere darüber denken. Muss man aber nicht. Man kann auch ganz nüchtern konstatieren, dass es SURGICAL METH MACHINE nicht unbedingt gebraucht hätte. Schlicht und ergreifend, weil nicht jeder Akt der Selbstverwirklichung automatisch auch zu einem hörenswerten Resultat führt. „Surgical Meth Machine“ ist der Beweis dafür.

Wertung: 4 / 10

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