Die schweizerisch-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross stellte in den 60er-Jahren in Gesprächen mit Sterbenden fest, dass es fünf Gemütszustände gibt, die Personen, die einen Abschied bewältigen müssen, stets durchlaufen: Nicht-Wahrhaben-Wollen, Zorn, Verhandeln, Depression und Akzeptanz. Die Phasen, die man als Alleinüberlebender nach einer großen Flut durchmacht, dürften ähnlich aussehen.
Und genau das ist das Thema des zweiten Albums der britischen Instrumental-Metaller TELEPATHY, „Tempest“. Schildert das Album doch die Reise durch die Gefühlswelt jenes Protagonisten, der, umgeben von Trauer und totaler Isolation, nach einer großen Flut erwacht. Was den imagninären Protagonisten in den gut 50 Minuten umtreibt, lässt sich anhand der vielseitigen Instrumental-Songs erahnen. Dabei bewegen sich TELEPATHY allerdings in einem hinlänglich bekannten Klangkosmos: Die Elemente, die die Band für ihr instrumentales Epos verwendet, sind allesamt nicht neu, die Paarung aus harten Post-Metal-Riffs und sanften Post-Rock-Cleangitarren wahrlich nichts Spektakuläres mehr. Dennoch funktioniert das Ganze bei TELEPATHY zugegebenermaßen besser als bei vielen anderen Bands dieses Genres: In monumentalen Riffs eingefangene Düsternis trifft auf hoffnungsvolle Momente, vertont durch zerbrechliche Melodien. Mal wechseln diese Zustände abrupt, mal fließend – stets jedoch mit viel Gefühl und Spannung. Für das zentrale Stück des Albums, „Echo Of Souls“, wagen sich TELEPATHY sogar an Scream-Gesang. Auch das macht „Tempest“ nicht einzigartig – im Gegenteil, klingt doch auch der Gesang überaus erwartbar. Doch auch in diesem Punkt muss man der Band lassen, dass das Konzept trotzdem aufgeht: „Echo Of Souls“ ist definitiv der Höhepunkt des Albums.
Produziert von Jaime Gomez Arellano (Ghost, Opeth, Paradise Lost, Altar of Plagues, Cathedral), weiß das zweite Album der Briten TELEPATHY wegen seines rundum stimmigen Konzeptes aus Thematik, Arrangement und Sound zu gefallen. Wer sich der Musik hingeben und von ihr mitreißen lassen will, ist mit „Tempest“ deswegen allemal gut beraten. Gänzlich neue, unverbrauchte Ideen haben TELEPATHY zumindest dem erfahreneren Post-Rock / -Metal-Fan jedoch nicht anzubieten, weshalb „Tempest“ – mag die Stimmung auch noch so fein ausgearbeitet sein – leider nicht restlos zu überzeugen vermag.
Wertung: 7 / 10