Review Tempel – On The Steps Of The Temple

Drei Jahre. Drei Jahre haben Ryan und Rich von TEMPEL an „On The Steps Of The Temple“ gearbeitet. Wenn zwei Musiker über einen so langen Zeitraum an ihrer musikalischen Vision schrauben, spricht das bereits für die Einstellung der Musiker zu ihrem Schaffen und verspricht ein durchdachtes und stringent aufgebautes Hörerlebnis. Das Debütalbum der Zweimannband aus Arizona erfüllt diese Erwartungen ohne jeden Zweifel – wobei das wahrscheinlich noch zu wenig gesagt ist. TEMPEL schaffen es ohne Gesang durch das Zusammenspiel zwischen Atmosphäre, dem Titel ihres Albums, der Songtitel und -reihenfolge sowie des Artworks vor dem inneren Auge des Hörers eine Geschichte zu erzählen und wissen mit ihrer eigenen Herangehensweise an das Sludge-Genre – welches durch einen nie gezwungenen wirkenden Stilmix aus Doom, Ambient, Black Metal und Post-Hardcore fundiert ist – absolut zu überzeugen. Dass sich dabei über den Zeitraum einer knappen Stunde einige Längen und einige zu repetitive Momente einschleichen, ist in Anbetracht der Qualität von „On The Steps Of The Temple“ zu verschmerzen.

Die Geschichte beginnt mit „Mountain“, welches mit beunruhigenden, einzeln gepickten Tönen einsetzt, bis überraschend ein Blastbeat und eine bedrohliche Akkordfolge die Führung übernimmt, nur um plötzlich von einer an Omega Massif erinnernden rhythmischen Riffwalze abgelöst zu werden. So geht es weiter treibend auf und ab, bis plötzlich sogar einige an Prog-Rock oder sogar Djent erinnernde Einsprengsel den Weg in den über acht Minuten langen Opener finden. Der Weg zum im Titel des Albums angesprochenen Temple wird im wesentlich schleppender, dabei nicht weniger unbehaglichen „Rising From The Abyss“ fortgesetzt, der musikalisch stark an Isis zu Zeiten von Oceanic erinnert, was nicht zuletzt an den dezenten elektronischen Elementen liegt. Eben im Kontrast zu den oft flächigen Sounds wirken die Riffs auf diesem Album umso gnadenloser und klatschen wie ein Unwetter auf den Hörer nieder. Gleichzeitig werden die Songs häufig durch gesechzehntelte Gitarren nach oben geschraubt, sodass sich der Aufstieg zu den Tempelstufen in all seiner Beschwerlichkeit ausmalen lässt.

Der Anblick der nebligen Landschaft in „The Mist That Shrouds The Peaks“ wird durch einen zähflüssigen, wie Lava dahinschleppenden Songaufbau verdeutlicht. Besonders die Hinzunahme von mit viel Hall unterlegten, langsamen Melodien erzeugt das Gefühl, den Abgrund und die Einöde der Landschaft förmlich sehen zu können. „Avartia“ lässt die abschweifenden Gedanken und den Grund für diese Suche nach Vergebung deutlich werden. Der Song erinnert gleich zu Beginn an atmosphärischen Black Metal und festigt nach einem verhaltenen Beginn durch Blastbeats und Tremolopicking diesen Eindruck, ohne dabei auf – wenn auch düstere – Harmonien zu verzichten. Zum Schluss werden hier nochmal die ganz großen sehnsüchtigen Momente angepackt, was nicht zuletzt durch vereinzelte Keyboard-Tupfer geschieht. Passend leitet dieser Song durch ein Donnergrollen und Regenprasseln in den letzten Song über, in welchem endlich der Tempel erreicht und noch einmal das gesamte musikalische Spektrum abgedeckt wird: Nach einem ambientlastigen Intro prescht ein Blastbeat nach vorne, um in einen Djent-Teil zu münden, der plötzlich zu einem veritablen Sludge-Ungeheuer mutiert. Wie die Geschicht endet, ob der Anstieg zum Tempel die erhoffte Vergebung erfüllen kann, bleibt ungewiss.

Dass zwei Menschen gemeinsam einen derart dichten Klangteppich erzeugen können, ist erstaunlich. Die gesamte Produktion von „On The Steps Of The Temple“ ist druckvoll, bassig und nahezu perfekt aufeinander abgestimmt. TEMPEL stehen Bands wie Year Of No Light oder Omega Massif in nichts nach und wissen darüber hinaus durch ihre Reminiszenzen an Bands wie Isis, Neurosis und Enslaved zu überzeugen. Sicher, einige Songs hätten vielleicht ein wenig kürzer ausfallen können, da sie zwar nie langweilig, an manchen Stellen aber doch arg repetitiv erscheinen. Davon abgesehen ist das Songwriting hinsichtlich der Abläufe und Stimmungen stets schlüssig. Drei Jahre Arbeit haben sich mehr als gelohnt – sowohl für die Jungs von TEMPEL als auch für Fans von Post-Metal und Sludge, welche mit „On The Steps Of The Temple“ bereits früh im Jahr ein absolutes Highlight vorgelegt bekommen.

Wertung: 8 / 10

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