Review The 3rd And The Mortal – Tears Laid In Earth

  • Label: Voices of Wonder
  • Veröffentlicht: 1994
  • Spielart: Doom Metal

Obwohl sich im extremen Metal mit Bands wie Arch Enemy, Oceans Of Slumber und Myrkur immer mehr weiblich geführte Musikgruppen hervortun, ist Metal bis heute weitgehend eine Männerdomäne geblieben. Umso mehr war dies noch in den frühen 90er Jahren der Fall – an den alsbald folgenden Durchbruch von The Gathering, Nightwish und weiteren „Female-Fronted-Metal-Bands“ war damals noch nicht zu denken. Doch nicht bloß aufgrund ihrer diesbezüglichen Vorreiterrolle stellten die Doom-Metaller THE 3RD AND THE MORTAL mit ihrer Leadsängerin Kari Rueslåtten zur Zeit ihres Debüts „Tears Laid In Earth“ ein Kuriosum dar. Auch im engeren Rahmen der um sie herum aufkommenden Black-Metal-Bewegung waren THE 3RD AND THE MORTAL etwas Besonderes.

Die Naturverbundenheit und die Mystik, die die Ästhetik und die Songtexte der Band zu jener Zeit auszeichneten, hatten THE 3RD AND THE MORTAL zwar mit anderen norwegischen Gruppen wie Ulver und Satyricon gemein – im wehklagenden „Salva Me“ porträtiert das Sextett sogar die in Black-Metal-Kreisen vielbesungene Vampirgräfin Elisabeth Bathory –, doch stilistisch könnte „Tears Laid In Earth“ kaum weiter von den Veröffentlichungen ihrer Zeitgenossen entfernt sein. Während die Akteure der Second Wave um den kältesten, kratzbürstigsten und extremsten Sound wetteiferten, klangen THE 3RD AND THE MORTAL warm, organisch und mitunter beinahe anschmiegsam.

Schon der Auftakt der Platte wirkt geradezu anachronistisch: Auf ein kurzes A-cappella-Stück („Vandring“) folgt mit „Why So Lonely“ ein bis heute in den Herzen vieler Fans brennendes Liebeslied, das mit seinen sehnsüchtigen Doom-Leads und Karis behütendem Gesang beinahe vergessen macht, dass die norwegische Musikszene in jenem Jahrzehnt von Morden und Kirchenbränden gezeichnet war. Dabei fällt die Band keineswegs der seichten Gefühlsduselei anheim – vielmehr schlummert in „Tears Laid In Earth“ eine erdige Kraft, die tief im damaligen Zeitgeist wurzelt.

So setzen THE 3RD AND THE MORTAL etwa im obskuren Achtminüter „Death Hymn“ zum Teil massive Riffs und Double-Bass-Drums ein und ziehen den Hörer zum Abschluss mit besonders gespenstischen Vocals in ihren Bann. Doch auch die immer wieder anzutreffenden, weltvergessenen, unverzerrten Saitenklänge („Atupoéma“), die rituell angehauchten, wortlosen Gesänge in „Shaman“ und die erhabenen, geheimnisträchtigen Gitarrenmelodien, wie man sie zum Beispiel im bedeutungsschweren Instrumental „Trial Of Past“ zu hören bekommt, verströmen eine Aura der Ursprünglichkeit und bezeugen zugleich den Einfallsreichtum und das kompositorische Geschick der Norweger.

Mag „Tears Laid In Earth“ gegen Ende seiner mehr als einstündigen Laufzeit – insbesondere im 18 Minuten langen „Oceana“ – auch ein wenig nachlassen, so haben THE 3RD AND THE MORTAL mit ihrem ersten Album doch ein unvergleichlich stimmungsvolles Doom-Metal-Meisterwerk geschaffen, das bis zum heutigen Tag allein auf weiter Flur steht. Im Gegensatz zu vielen Black-Metal-Frühwerken, die mit ihrem rudimentären Lo-Fi-Sound zwar revolutionär waren, aber nicht gerade gut gealtert sind, fasziniert „Tears Laid In Earth“ mit seinem natürlichen, runden Klang und seinen wundersamen Songs immer noch genauso wie vor gut 25 Jahren. Fans von The Gathering und Kari Rueslåttens Soloplatten sollten sich dieses manchmal übersehene Kleinod unbedingt zu Gemüte führen.

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Wertung: 9 / 10

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