Review The Vision Bleak – The Kindred Of The Sunset (EP)

Im Gegensatz zu diversen anderen Bands des Prophecy-Rosters fielen THE VISION BLEAK in den letzten Jahren nicht als große musikalische Innovatoren ins Auge. Nach dem pompösen Debüt „The Deathship Has A New Captain“ folgte mit „Carpathia: A Dramatic Poem“ eine Grundsatzentscheidung hin zu einem ungeschlachten, rabiaten Sound, der sich zuletzt auf „Witching Hour“ wieder in Reinkultur manifestierte. Zwar lotete jedes Album andere Variationen auf dem Thema des Horror Metal aus, doch blieben Schwadorf und Konstanz stets im Rahmen des Erwartbaren. Mit der 2016er Platte „The Unknown“, der die EP „The Kindred Of The Sunset“ vorausgeht, soll nun alles anders werden.

Ob es sich beim sechsten Album des Duos nun tatsächlich um eine „zweite Geburt“ handeln wird, muss angesichts der an dieser Stelle vorab präsentierten Songs freilich offen bleiben. Insbesondere der Titelsong ist im Grunde ein prototypischer THE-VISION-BLEAK-Gassenhauer, der gerade keinen Aufbruch zu neuen Ufern nahelegt, sondern wieder Kurs auf den Heimathafen zu nehmen scheint: Schmissige Refrains, Holzfäller-Riffs, das funktionierte eigentlich immer und tut es immer noch, aber revolutionär wird man es schwerlich nennen können.
„The Whine Of The Cemetery Hound“, der auch auf „The Unknown“ vertreten ist, zeigt sich da schon unabhängiger vom Altbekannten: Mit schleppenden Gitarren und schnarrenden Bässen besitzt der Song eine doomige Grundstimmung, die bei Schwadorf und Konstanz bisher eher selten anzutreffen war. Mit bedächtigen, cleanen Gitarren und Klargesang dringen THE VISION BLEAK gar in ahabeske Gefilde vor, bevor Schwadorf mit entfesselten Screams weiter in Thrash-Gefilde führt und der Song kurz darauf in einer Streicher- und Piano-Sequenz ausklingt – obwohl auch „The Whine Of The Cemetery Hound“ seine Herkunft schwerlich verleugnen kann, hat das Duo doch selten eine so große musikalische Bandbreite innerhalb eines Songs an den Tag gelegt.
„The Sleeping Beauty“ lässt dann wieder wenig vom neuen Sturm und Drang erkennen: Was Tiamat 1992 veröffentlicht und THE VISION BLEAK 2016 noch einmal aufgenommen haben, unterscheidet sich bestenfalls marginal. Auf der EP macht sich der Song gut, im Vergleich zum Original ergibt sich aber kein großer Mehrwert.

Mit dem stimmungsvollen Instrumental „Purification Afterglow“, das mit seiner getragenen Majestät und vielen Streichern nochmals eine Dimension andeutet, die die Band sicherlich noch nicht ausgelotet hat, klingt „The Kindred Of The Sunset“ dann auch schon wieder aus. Als Appetizer funktioniert die EP, darf man als Hörer doch neugierig sein auf das kommende Album und die tatsächliche Tragweite des musikalischen Bruchs – hier schaffen die präsentierten Songs noch keine Sicherheit. Was über die Songs, die ohnehin auf dem Album landen, hinaus geboten wird, ist solide, für den Nicht-Die-Hard-Fan aber auch nicht essenziell.

Keine Wertung

Publiziert am von Marius Mutz

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