Review Thou Art Lord – Orgia Daemonicum

  • Label: Black Lotus
  • Veröffentlicht: 2005
  • Spielart: Extreme Metal

Von mediterranem Feuer ist in der Musik des hellenischen Abrisskommandos THOU ART LORD auch anno 2005 keine Spur. Stattdessen wandern die Bandgründer und Frontköpfe Sakis, hauptamtlich als Sänger und Gitarrist bei dem griechischen Breitwand-Black Metal-Flaggschiff Rotting Christ tätig, und The Magus, neben Baron Blood zentraler Protagonist der im Lande des Gyros, Ouzo und Sirtaki ebenso hoch gradierten Schwarzmetaller Necromantia, unerschütterlich und dennoch augenzwinkernd auf eigentlich absolut plattgetrampelten Retro-Pfaden, jedoch setzen sie dabei mit soviel Charme einen Fuß vor den anderen, dass „Orgia Daemonicum“ zu einem wirklich interessanten, gehaltvollen und insbesondere erfrischend zeitüberholten Album geworden ist.

Komplettiert und handfest unterstützt von Rotting Christ-Schlagwerker Themis, schwelgen Thou Art Lord über sechsunddreißig Minuten in der musikalischen Nostalgie an den extremen Metal der achtziger Jahre. So frönen sie oftmals Venom, huldigen hier und da Possessed, trumpfen vereinzelt mit unverkennbarem Slayer-Einschlag auf oder lassen eine wunderbare Reminiszenz an die altehrwürdigen Morbid Angel zu „Blessed Are The Sick“-Zeiten durchschimmern (Ja, ich weiß, dass das Teil erst von ’91 ist… – Anm. d. Red.). Maximalen Tribut zollen sie jedoch abschließend den fast vergessenen englischen Death/Thrash Metal-Urgesteinen Onslaught, und zwar in Form einer Nachspielversion des Liedes „Power From Hell“, enthalten auf der gleichnamigen Platte aus dem Jahre 1985. Und wenngleich Thou Art Lord den Geist des Originals selbstverständlich nicht zu 100% wiederbeleben können, handelt es sich bei dem Stück zweifellos um eine herrlich räudige und nahezu selbstkarikierende Interpretation. Sehr geil!

Latente Einflüsse aus dem griechischen Black Metal der frühen Neunziger sind im Gesamtsound von Thou Art Lord wie gewohnt ebenfalls auszumachen. Neben Sakis und The Magus, welche durch ihr vorherrschendes Wechselspiel zwischen rauem Grollgesang sowie zynischem, leicht heiserem Gezeter stimmlich weitgehend zu überzeugen wissen, ist mit dem werten Linos, von der jungen landsmännischen Black Metal-Band Raven Cult, auch ein Gastsänger auf dem Album zu hören, der sehr amtlich die ganz und gar schwarzmetallischen Laute beisteuert. Unheilvolle Choräle und beschwörender Sprechgesang erweitern das abgedeckte, stimmliche Spektrum noch zusätzlich und verleihen dem Material stellenweise eine gewisse diabolische Tiefe sowie einen leicht epischen Touch, wie z.B. in der letzten Hälfte von „The Royal Invocation Of Apophis“.

Der Opener „Possessed / The Legion“ holzt noch recht lasch und kraftlos voran, wobei sich Thou Art Lord hier einfach zu sehr an das nahezu omnipräsente und obendrein ziemlich schwache Grundriff klammern. Lediglich ein paar kurze, flotter anmutende und meist von choralem Gesang untermalte Zwischenabschnitte sowie ein sehr ansprechendes, ca. 30-sekündiges Gitarrensolo verhelfen dem Song, sich noch in der unteren Hälfte der Mittelklasse festzubeißen. Doch verweilt man während dem langsamen Verklingen der Gitarren relativ unbeeindruckt und eventuell sogar ein bisschen erwartungslos im Sessel, dürfte einem das horchende Herz bereits im nächsten Moment bis zum Halse schlagen:

In welch höllischen Intervallen durchschießen die Stromklampfen – unterlegt von einem schnellen, präzisen und durchgängigen Blastbeat – gleich am Anfang von „Hecate Unveiled“ die bis dato absolut unterforderte Membran! Die mehrfache, zeitweilige Wiederkehr dieses ebenso minimalistischen wie bedrohlich tiefstimmigen Stakkato-Riffs ist und bleibt ein echter Genuss innerhalb des Songs. Zudem schießt die Anzahl der Melodien gegen Ende der Nummer noch einmal angenehm nach oben. Ganz stark! Das nachfolgende „An Apparition Of Vengeance“ wirkt ziemlich standarisiert und variiert dementsprechend in vorhersehbarer Weise zwischen schleppenden, groovigen Abschnitten, schwunglosem Thrash-Gebolze und rasanteren Knüppelpassagen, um letztlich auf einen wieder mal durchaus melodischen Schlussteil hinauszulaufen. „He, The Great Worm“ bewegt sich ausschließlich im Midtempobereich und zeigt sich gleichermaßen melodie- wie groove-orientiert. Die Struktur ist auch hier schnell durchschaut, doch dies ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass der Song verdammt eingängig ist und zugleich eine Menge Punch besitzt.

Einen wesentlichen Punkt darf ich bezüglich dieser Platte allerdings keinesfalls vergessen: Die Produktion. Zwar ist deren Klang alles andere als sauber und poliert, ja eigentlich eher gewöhnungsbedürftig, jedoch habe ich wirklich selten ein derart homogen und stilecht produziertes Album gehört, denn das Soundgewand passt schlichtweg wie der sprichwörtliche Anus auf den Eimer! Die Gitarren tönen wunderbar erdig und trocken, das Schlagzeug klingt überaus lebendig und sogar die leicht blechernde Snare versprüht ihren Reiz. Druckvoll, differenziert, aber vor allem sehr ursprünglich, authentisch und total mit der Musik konform gehend – das perfekte Gewand für dieses Werk.

Abschließende Worte? Nun, Thou Art Lord zeigen auf ihrem vierten Langspielalbum ganz deutlich, dass sie mit einem genreinternen Wettstreit um technische Höchstleistungen und größtmögliche Perfektion nichts am Hut haben wollen. Fernab davon ist „Orgia Daemoncium“ nämlich schlichtweg eine Ehrerbietung an alte Helden, frei von intellektuellen Kopfgeburten, einfach unbekümmert retrospektiv, unterhaltsam und ungeahnt vielfältig.

(Daniel H.)

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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