Review Threat Signal – Disconnect

Groove Metal, Progressive Metal, Industrial Metal, Metalcore – es gibt wohl nur wenige Genres, an die sich THREAT SIGNAL im Lauf ihres musikalischen Werdegangs noch nicht herangetastet haben. Nachdem man geschlagene sechs Jahre auf den Nachfolger ihres selbstbetitelten Albums warten musste, was gewiss auch dem Weggang von Nuclear Blast und den Veränderungen im Line-Up geschuldet ist, verspricht „Disconnect“ nun jedoch, ihre bisher vielfältigste Platte zu werden. Anstatt sich ein bestimmtes Ziel zu setzen, haben die Kanadier nämlich einfach drauflosgeschrieben und ihrer Kreativität freien Lauf gelassen. Dabei sind zehn Nummern herausgekommen, die den markanten Stil des Quartetts fortführen, aber auch einige Überraschungen bereithalten.

Bereits der Opener „Elimination Process“ beginnt für die Band äußerst untypisch mit gefühlvollen Clean-Gitarren, die auch einige der Folgetracks verschönern, und Jon Howards trübsinnigem Klargesang, der immer noch eine verblüffende Ähnlichkeit zu Chester Bennington aufweist. Dann kommen THREAT SIGNAL jedoch bald wieder zu sich und legen richtig los. Gehetzte Gitarren, eine Wagenladung Breakdowns, ebenso rasantes Drumming und wütende, durchaus variable Screams zeigen, wo es lang geht. Auch packende Leadmelodien („Walking Alone“), gewitzte Soli und hintergründige Keyboards, die dem Material etwas mehr tiefe verleihen, sind eine feste Konstante im Verlauf von „Disconnect“.

In den Refrains der überwiegend treibenden Songs drosseln THREAT SIGNAL oft das Tempo, um in den getragenen Passagen die Cleans in den Vordergrund zu rücken („Falling Apart“). Ebenjene wirken in Verbindung mit den Texten bisweilen etwas zu pathetisch, sind aber in puncto Dynamik gelungen in Szene gesetzt. Insbesondere auf der überraschenden, trostlosen Akustikballade „Betrayal“ kann man den klagenden Vocals doch noch einiges abgewinnen. Dass sich THREAT SIGNAL öfters mit stumpfen, modernen Groove-Riffs und abgehackten Breakdowns begnügen, ist ebenfalls nach wie vor ein kleiner Störfaktor, der aber keineswegs in einem Mangel an Abwechslung resultiert.

Ganz im Gegenteil, bei dem vierten Full-Length der Groove-Metalcoreler handelt es sich nämlich sogar eindeutig um ihre bisher facettenreichste Veröffentlichung. Das zeigt sich allein schon an der umfangreicheren Struktur der Kompositionen. Der Rausschmeißer „Terminal Madness“ schafft es immerhin sogar auf zehn Minuten, steigert sich und ebbt immer wieder stimmig ab und endet mit einer sehr schönen Pianoeinlage. Obwohl THREAT SIGNAL demnach um einiges anspruchsvoller geworden sind, gehen die meisten Nummern recht schnell ins Ohr – wenn auch keine davon ein durchgängiger Überhit wie „Through My Eyes“ ist.

„Disconnect“ ist gewiss kein Album, das ohne Kritik davonkommt. Die Cleans klingen beispielsweise übertrieben jammernd und die Gitarrenarbeit ist oft unnötig grobschlächtig, gerade wenn man sich vor Augen führt, was die Band technisch eigentlich auf dem Kasten hätte. Dennoch ist die Entwicklung, die THREAT SIGNAL in den letzten Jahren offenbar durchlaufen haben, eine feine Sache. Davon abgesehen, dass die Keyboards ruhig eine Spur präsenter sein dürften, gibt es beim Songwriting nun viel mehr zu entdecken, ohne dass die Kanadier dabei an metallischem Biss verloren hätten. Die Fans sollten mit diesem knapp einstündigen, lange erwarteten Comeback auf alle Fälle gut versorgt sein. Hoffen wir, dass die Jungs auch in Zukunft weiter an sich arbeiten werden.

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Wertung: 7.5 / 10

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