Review Threshold – The Ravages Of Time (Best Of)

Der Zeitpunkt, an dem mit dem Doppeldecker „The Ravages Of Time“ eine Zusammenfassung der besten THRESHOLD-Songs veröffentlicht wird, scheint perfekt: Denn erstens hat die Band gerade ihre Tour zum aktuellen Album „Dead Reckoning“ abgeschlosen, zweitens hat der langjährige Sänger Andrew Mac Dermott während der Tour seinen Dienst quittiert und drittens haben THRESHOLD sich mit der Veröffentlichung von „Dead Reckoning“ von ihrem bisherigen Label InsideOut verabschiedet. Es ist ja ein beinahe normales Prozedere, dass nach einem ausgelaufenen Plattenvertrag noch mal ein Best Of-Album vom alten Labelpartner auf den Markt gebracht wird.

Für alle, die die Band bisher nicht kennen, dürfte die vorliegende Zusammenstellung eine gelungene Einführung in den Soundkosmos der Band sein. Immerhin verpasst man sonst die meiner Meinung nach einzige fantastische Power-Progmetalband neben Symphony X. Alte THRESHOLD-Hasen müssen sich damit abfinden, dass es hier im Grunde nichts Neues zu hören gibt. Für diese Fraktion besteht also wenig Kaufanreiz.

Die Zusammenstellung an sich weiß zu gefallen: Auf der ersten Scheibe finden sich elf Songs von den letzten vier Studioalben, auf der zweiten Seite sind neun Tracks von den ersten vier Werken enthalten. Dabei sind von jedem Album zwei oder drei Songs verewigt. Etwas schade ist, dass es in vier Fällen lediglich kürzere Radio Edits der Songs gibt. Zumindest in zwei Fällen, bei „Slipstream“ und „Pilot In The Sky Of Dreams“ nämlich, ist dies jedoch nachvollziehbar, da diese Tracks bereits nicht mehr über InsideOut, sondern über Nuclear Blast veröffentlicht wurden. Die kürzeren Versionen dieser Tracks wurden vor dem eigentlichen Albumrelease auf der Bandhomepage gespielt und konnten soweit ich weiß auch im Nuclear Blast-Onlineshop gekauft werden. Während auf CD1 nur Songs enthalten sind, auf denen der bis vor kurzem aktuelle Sänger Andrew Mac Dermott singt, finden wir auf CD2 auch Tracks mit Glynn Morgan (Sänger auf dem zweiten Album „Psychedelicatessen“), sowie einige Nummern mit Damian Wilson, der so etwas wie der Notnagel für die Band zu sein scheint. Er war Gründungsmitglied, sang dann nach dem Abgang von Morgan wieder das dritte Album „Exstinct Instinct“ ein, um dann über gute zehn Jahre von Andrew Mac Dermott verdrängt zu werden. Nach dessen Kündigung bestritt Damian Wilson aber auch die „Dead Reckoning“-Konzerte mit THRESHOLD. Ob er nun wieder einmal zur festen Besetzung gehört, ist noch nicht klar.

Die Palette der Songs reicht dabei von straighten Rockern wie „Innocent“ über Prog-Balladen wie „Falling Away“ bis hin zu epischen Longtracks wie „The Ravages Of Time“ oder „Sanity’s End“. Insbesondere letztes macht im Vergleich mit dem restlichen Material klar, wie sich THRESHOLD entwickelt haben und wo die Jungs eigentlich her kommen. Damals war der Sound noch komplexer, frickeliger, aber auch klar näher am Neoprog. Wenn man die Briten als „Neoprog mit Schmackes“ beschreibt, ist man meiner Ansicht nach näher dran, als sie gern hätten. Grooms melodische, verträumte Gitarrensoli sind bis heute ein überdeutlicher Hinweis darauf. An der Songauswahl habe ich bei der Masse an gutem Material, dass die Band bisher veröffentlich hat, nicht allzu viel zu meckern. Zwar hätte ich für „Oceanbound“ vom Album „Hypothetical“ lieber das meiner Meinung nach unverzichtbare „Long Way Home“ drauf gehabt, ansonsten bleibt aber nur zu beklagen, dass mit „Paradox“ ein Kulthit der Band völlig fehlt – das mag aber daran liegen, dass sie sich mittlerweile selbst von ihm distanziert hat und ihn auch live nicht mehr spielen will, weil er wohl zu abgenutzt ist – und das mit dem Longtrack „The Art Of Reason“ leider neben den anderen längeren Nummern auch das schwächste Epic der Band dabei ist.

Die Produktion der Alben wird auf der Zusammenstellung originalgetreu wiedergegeben, d.h. die Songs klingen, vom Angleichen der Lautstärke mal abgesehen, exakt wie die veröffentlichten Studioalben bzw. (im Falle der älteren Alben) die remasterten Neuauflagen.Positiv zu erwähnen ist weiterhin die gelungene Aufmachung, die nicht nach schneller Geldmache aussieht und massenhaft Band- und Livefotos aus jeder Bandphase, die kompletten Lyrics zu allen Songs und eine kurze Biographie enthält. Mit insgesamt über 140 Minuten Musik erhält man also genug fürs Geld.

Wer das haben muss? Alle, die THRESHOLD nicht kennen, aber kennenlernen wollen. Alle, die sich nur ein THRESHOLD-Album kaufen wollen. Alle Fans, die Sammler sind. Warum die Band einfach sympathisch ist, fantastische Ohrwürmer schreibt und einfach nur kitschfrei, aber überaus melodisch rockt findet ihr dann am besten selbst raus. Superb!

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