Das Cover von „Lakonic“, dem neuen Album der griechischen Black-Metal-Band THYRANTHEN, zeigt das „Memento Mori“-Mosaik, das in den Ruinen der Stadt Pompeii gefunden wurde und dieser Tage im archäologischen Museum zu Neapel bewundert werden kann. Nicht weniger kryptisch gibt sich die Combo bei der Einordnung ihrer Musik: „Diachronic Lyrical Black Metal.“
Kurz zur Klärung der ungefähren Begrifflichkeiten: Die Diachronie versteht sich als Teil der Sprachwissenschaft, der sich mit der Entwicklung innerhalb einer Sprache befasst – im Deutschen beispielsweise die Entwicklung des mittel- zum nordhochdeutschen Sprachbild. Bei all dem intellektuellen Eifer darf man wohl davon ausgehen, dass zu so vielsagenden Titeln wie „Matter, Void, Sperm“ oder „Void, Matter, Sperm“ entsprechendes Textwerk beiliegt, oder? Nein. Gut, bleibt mehr Zeit, um über die Musik zu sprechen.
Der Black Metal, den THYRANTHEN auf ihrem zweiten Album darbieten, ist von staubtrockener Zweckmäßigkeit. Riffs der Marke „De Rerum Natura“ oder „Religious Agonies“ mögen hier und da nett anzuhören sein und auch die grundlegende Befähigung, so etwas wie eingängige Melodien zu schreiben, kann man den Griechen nicht absprechen. Allerdings können diese durchaus stimmigen Arrangements in keinen Höhepunkten oder zumindest sinnstiftenden Spannungsbögen kulminieren. Die Verwendung folkloristischer Farbtupfer mag dabei rein thematisch gut ins Bild passen, aber was die Umsetzung anbelangt, wird keine Aufwertung für das musikalische Gesamtbild herbeigeführt.
Was den Gesang anbelangt, so kann man zumindest sagen, dass es nicht an Abwechslung mangelt. So hat fast jedes Mitglied der Formation auch stimmlich in irgendeiner Art und Weise etwas beizutragen, sei es durch den Einsatz von Chören, reinen Sprechpassagen, Screams oder Klargesang. Allerdings verhält es sich hier genauso wie bei der Musik: Die Band will sich groß aufstellen, epochal wirken, Atmosphäre aufbauen, doch stattdessen hört sich die Gesangspalette nicht weniger unreif an. Die Screams und überhaupt alles, was den Bereich extremen Gesangs angeht, sind noch am trefflichsten eingebracht. Sobald sich aber so etwas wie Dichte aufzubauen versucht, grätscht völlig deplatziert wirkendes Gekreische dazwischen, als wäre der dafür Verantwortliche ganz böse auf einen Legostein getreten. „Ha-Ho-Hey“-Chöre, die einen Gegenpol bilden sollen, wirken lieblos inszeniert und beschließen das gesanglich öde, um nicht zu sagen nervige Gesamtbild.
Wenn man nun all das zusammennimmt, könnte man meinen, der Begriff „Diachronic Lyrical Black Metal“ ist bewusst kryptisch gewählt, um das mangelnde kompositorische Geschick taktisch zu verschleiern. „Lakonic“ mag mit Songs wie „Matter, Void, Sperm“ oder auch „Scales & Sword“ durchaus Verweise darauf bringen, welches Potenzial die Platte hätte haben können, aber die Band verhebt sich dabei am eigenen künstlerischen Anspruch. Weder der zugrundeliegende Black Metal noch die Folk-Einflüsse wirken authentisch. Es fehlt Reife, Leidenschaft, Glaubwürdigkeit. Dünnes Songwriting trifft auf teils nervigen Gesang und unausgegorene Arrangements. Alles in allem wird der große thematische Ansatz dadurch ausgehöhlt und ist in etwa das, was Apollo 13 vor 24 Jahren für Dimitri war – keine Hilfe, dabei aber absolut konsequent.
Wertung: 4.5 / 10