Review Tilia – focus

  • Label: Ambulance
  • Veröffentlicht: 2015
  • Spielart: Entmetallisiert, Dream Pop

Dreampop ist nun sicher nicht das Genre, welches dem alternativlosen Metaller die Freudentränen in die Augen treibt, so fragt man sich vielleicht mit einigem Recht, was eine derartige Platte in einem Metal-Magazin zu suchen hat. Diese Frage wird final nicht zu beantworten sein, irgendwie landete TILIA nun mal mit „focus“ im heimischen Briefkasten und nach nur ein paar Takten steht fest: Das ist auch gut so.

TILIA ist eine Sängerin aus dem Land der Eidgenossen, die eben den angesprochenen Dreampop produziert, welcher garniert ist mit folkigen Elementen, Indie-Klängen, etwas loungigem Trip-Hop-Zauber und träumerischen Songwriter-Einflüssen. Relaxte Stimmung also, die mit harter Musik gar nichts zu tun hat, aber den Nerv der Konsumenten vielleicht doch treffen könnte. Dann nämlich, wenn man Qualität den Vorrang gibt und nicht stupide auf Gebolze schwört.
Was TILIA macht, das macht sie gut, eine zarte Stimme, die doch einige weibliche Kraft entfesselt, einfache Strukturen sorgen dafür, dass die Songs rasch ins Ohr gehen und heraus kommt eine Melange, die zur Flucht aus der individuellen Dramatik in der postmodernen, der entfremdeten Gesellschaft einlädt. Klingt nach pseudopsychologischer Laberei, aber wenn man „focus“ gehört hat, dann versteht man es vielleicht. Man kann sich in der Musik wahrhaftig verlieren, man lässt sich fallen, man genießt.
Einzelne Songs herauszusuchen macht in diesem Fall wenig Sinn. Sagen wir ruhig, wie es ist, die Abwechslung wird klein geschrieben. So sehr sich die Lieder in ihren Laufzeiten ähneln, so gleich klingen sie eigentlich auch, was an dem erfolgreichen Schema der gesamten Platte liegt. Eingängig, leicht, schwebend, überraschungsarm sind alle elf Nummern durchkomponiert. Einerseits ließe sich sagen, TILIA geht kein Risiko ein, andererseits ist es aber nur recht und billig, dass sie eine erfolgreiche Blaupause auf die Klone des „Patienten 0“ anwendet. Schließlich funktioniert es.

Warum mehr Worte über ein Album verlieren, als unbedingt nötig? „focus“ überzeugt in seiner emotionalen Leichtigkeit, die dennoch eine gewisse Tiefgängigkeit nicht vermissen lässt. Perfekt für die düstere Jahreszeit, aber TILIA macht sicherlich auch in sommerlichem Sonnenschein Spaß. Einfach mal antesten und ein kleines Paralleluniversum des hektischen Alltags entdecken.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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