Trick Or Treat Ghosted Coverartwork

Review Trick Or Treat – Ghosted

Italien und der Power Metal, das ist eine Erfolgsgeschichte. Mit Rhapsody (in unterschiedlichster Ausführung) sowie Skylark und White Skull hat der Stiefel bereits vor über 30 Jahren ein paar der profiliertesten Genre-Vertreter hervorgebracht und auch für die Nachfolge ist gesorgt. Dabei konnten sich vor allem TRICK OR TREAT als Hoffnungsträger hervortun, denn mit ihrem beschwingten Euro Power Metal rennt die Band seit ihrem Debüt „Evil Needs Candy Too“ (2006) bei Fans der Sparte offene Türen ein. Knapp drei Jahre nach ihrer letzten Platte „Creepy Symphonies“ kehren die Herren mit „Ghosted“ zurück ins Rampenlicht.

Auf ihrem vorigen Album hört man TRICK OR TREAT ihre Affinität zu den Hamburger Genre-Vorreitern Helloween mehr als deutlich an. Verglichen damit eröffnet „Ghosted“ nach seinem Spieldosen-Intro überraschend heavy, denn in „Craven Road“ agieren die Italiener für ihre Verhältnisse zunächst unerwartet hart und düster. Sobald der Gesang einsetzt, lässt jedoch Michael Kiske grüßen und der Refrain erinnert gar an „Dr. Stein“. Im folgenden „Bloodmoon“ gibt es dann rasanten Power Metal der alten Schule, wie man ihn von TRICK OR TREAT gewohnt ist, doch auch hier wird es mit dem Blastbeat im Mittelteil unerwartet grob. Ein weiteres Beispiel für dieses Spannungsverhältnis findet sich mit „Make A Difference“.

Natürlich klingen die Burschen aus Modena auf ihrem neuen Album im Großen und Ganzen noch immer nach sich selbst, aber die Formel wird diesmal ein wenig abgeändert. Nicht nur der erwähnte Opener, sondern auch „Ghosted“ oder „Polybius“ legen nahe, dass TRICK OR TREAT 2025 etwas mehr zum hymnischen Midtempo tendieren. Und auch der bandtypische Power Metal bekommt auf „Ghosted“ einen neuen Anstrich, denn auch hanseatisch inspirierte Uptempo-Nummern wie „Evil Dead Never Sleeps“ oder „The 13th“ leben von ungewohnt druckvollen Gitarren. Zusammen mit den gewohnt gut gelaunten Sesamstraße-Refrains sorgt das für einen durchaus spannenden Kontrast.

Nun waren und sind TRICK OR TREAT auch für ihr enormes technisches Können bekannt. Das wurde auf „Creepy Symphonies“ mehr als deutlich und mit ihrem Live-Album bewies die Truppe, dass sie all das auch auf der Bühne scheinbar mühelos umsetzen kann. Auf „Ghosted“ wirken die erhabenen Gitarrenläufe und Leadgitarren-Feuerwerke allerdings ein wenig reduziert. Es gibt sie nach wie vor, aber es scheint, als seien sie vom reinen Selbstzweck mehr zum Stilmittel geworden. Das ist sicherlich songdienlich und kürzt manche Nummer ein wenig ein, aber es ist auch eine kleine Enttäuschung für alle, die sich auf ausgedehnte Instrumentalparts gefreut haben. Sich darüber zu beklagen ist aber auch Jammern auf recht hohem Niveau.

TRICK OR TREAT stehen nach wie vor für gut gelaunten europäischen Power Metal, der stark nach Norddeutschland lehnt. Dennoch ist die Formation hörbar bestrebt, nicht auf der Stelle zu treten, weshalb sie ihre etablierte Formel auf „Ghosted“ in Teilen modifiziert. Damit ist die Platte vermutlich das bisher „reifste“ Werk der Italiener geworden, denn während alle stilbildenden Elemente ihres Sounds noch vorhanden sind, ist „Ghosted“ doch deutlich weniger verspielt und eine Idee düsterer als sein Vorgänger. Wer sich am penetranten Frohsinn von „Creepy Symphonies“ gestört hat, wird mit dem Nachfolger vermutlich schneller warm, alle anderen benötigen eventuell ein oder zwei Durchläufe mehr, bis das Album zündet – es lohnt sich aber in jedem Fall.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert