Review Umphrey´s McGee – Safety In Numbers

Das letztjährige InsideOut-Debüt „Anchor Drops“ der Kalifornier UMPHREY’S MCGEE war ein überraschend eigenständiges und vielseitiges Stück Musik, das sich vor lauter Ideenreichtum und ungestümen Instrumentalexperimenten kaum in eine Stilsparte einordnen ließ. Nun sind die Jungs mit ihrem schon sechsten Album „Safety In Numbers“ zurück, das sich doch eine ganze Ecke vom Vorgänger abgrenzt.
Elf neue Tracks mit einer Gesamtspielzeit von 55 Minuten serviert uns die Band hier – und wer nun wiederum auf allerlei spannende Soundspielereien und schroffes Drauflosgerocke mit gelegentlicher Progattitüde gehofft hat, den muss ich leider enttäuschen. Aber ihr solltest dennoch weiterlesen. Denn „Safety In Numbers“ bietet dafür andere Qualitäten, die ich der Band sogar noch ein Stückchen höher anrechne, als ihre technischen Kabinettstückchen:

Im Mittelpunkt des aktuellen Albums steht vor allem der Song an sich. Man agiert äußerst songdienlich, hält sich mit Improvisationen und übertriebenen Soloabfahrten zurück, obwohl der Hörer natürlich nicht gänzlich darauf verzichten muss. Auf dieser Platte sitzt alles ganz genau dort, wo es auch sitzen soll. Das Album strahlt im Vergleich zum Vorgänger eine geradezu ruhige, besinnliche Stimmung aus, viele Songs sind eher ruhig gehalten und überzeugen mit ihren durchweg originellen und mitreißenden, schönen Melodiebögen. Die Musik der sechs Herren ist einfach herrlich unkitschig, herrlich unkonventionell und ordnet sich wiederum keiner Stilschublade unter. Die Produktion umschifft und ignoriert gekonnt moderne Akzente, klingt aber trotzdem frisch und dynamisch, was einen sehr großen Beitrag zum unüberhörbaren Charme der Platte beiträgt.
Neben recht flotten Songs wie dem Opener „Believe The Lie“ und dem lässig vor sich hin groovenden und mit einem „Westernpiano“ und Mundharmonika veredelten „Women Wine And Song“, dessen Refrain übrigens verdammt viel Laune macht, gibt es auch solch wunderschöne, an Country angelehnte Balladen wie „Rocker“, welches durch sanfte Streicherarrangements extrem aufgewertet wird und auch ein tolles Slidegitarren-Solo bereithält. „Liquid“ verbreitet mit seinem lässigen Rhythmus schlichtweg eine sehr gelöste und entspannende Atmosphäre, die auch gehörig Spielwitz inne hat, zum Refrain hin entwickelt man eine Einheit von Melodie und Instrumentation, der man sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr entziehen kann. „Intentions Clear“ brilliert durch interessante Saxophonparts über einem psychedelischen Gesangspart, während „End Of The Road“ genau die passende Musik zu einem milden Sommerabend ist, an dem man sich den Sonnenuntergang anschaut – hier stand ganz eindeutig das California Guitar Trio Pate.

Und so gibt es auf „Safety In Numbers“ tatsächlich elf spannende Songs zu hören, die alle ihren eigenen Charakter und Charme ausstrahlen. Verbindendes Element sind die hervorragenden Melodien, die vor allem auch durch die tollen Harmoniegesänge lebendig werden. Sie sind zwar nicht immer fröhlich, strahlen aber immer ein unverkennbares Quäntchen Hoffnung aus. Mehr als sein Vorgänger schafft es das Album, als vollständige, in sich geschlossene Einheit dazustehen, von der ich in der Tat nicht einen Song missen möchte.
Fans, die sich insbesondere auf Improvisationen und Jamband-Abfahrten gefreut haben und Hörer aus dem Proglager mögen das neue Album nicht auf eine Stufe mit „Anchor Drops“ stellen. Musikfans, bei denen der Song im Mittelpunkt steht und die sich auch für Folk, Bluegrass und Countryklänge begeistern können und ein offenes Ohr für schwierige, aber tiefgreifende und emotionale Tonfolgen haben, mögen in „Safety In Numbers“ aber ein neues Lieblingsalbum finden. Sehr schön!

Wertung: 8.5 / 10

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