Mit ihrer analogen, elektronischen Musik sorgen WELLE: ERDBALL mittlerweile seit 1990 regelmäßig für neue Outputs, die schon Szene-Klassiker wie „Super 8“ oder „Starfighter F-104G“ hervorbrachten. Im Jahr 2017 will das Quartett mit dem Mini-Album „Gaudeamus Igitur“ den Soundtrack zum Sommer liefern. So haben sie nicht nur das als Sommerhit angekündigte „Die letzte Chance zu leben“ im Gepäck, sondern auch Geschichten über einen beliebten Roller und Kapitän Nemo. Aber auch der klassische Commodore 64 kommt wieder zum Einsatz.
Das neue Release staret mit „Vespa 50N Special“ im bekannten WELLE:-ERDBALL-Sound, der altgediente Fans bereits zum Frohlocken bringen sollte. Das lateinische „Gaudeamus Igitur“ versprüht mittelalterlichen Charme und verstört damit eher, wenn auch die Übersetzung „Lasst uns alle fröhlich sein“ ein deutliches Signal darstellt. Am überzeugendsten ist das vierköpfige Electro-Projekt zweifelsohne, wenn sie dem Storytelling viel Raum lassen („20000 Meilen unter dem Meer“) und sich der männliche mit dem weiblichen Gesang abwechselt. „Die letzte Chance zu leben“ hat Reggae- und Bossanova-Ansätze, wirkt dadurch sehr beschwingt und ist doch vom Kitsch geprägt. Zu sehr erinnert der Text an alte deutsche Schlager, die noch nie zur Crème de la Crème der Songwriter-Kunst gehörten. Trotzdem setzen sich diese Stücke meist hartnäckig im Gehörgang fest, was auch hier der Fall ist. Die etwas dunkleren Töne sind aber das Steckenpferd von WELLE: ERDBALL, das zeigt vor allem „Polyamorie“ mit feinen Synthesizer-Flächen und kraftvoller Percussion. „Stirb mir nicht weg“ setzt schließlich auf den C64, der schon in einigen früheren Songs Verwendung fand und auch hier gut in Szene gesetzt wurde. Es ist dieses Alleinstellungsmerkmal der Band, dass gerne öfter zum Einsatz hätte kommen können. Die zwei Remix-Versionen von „1000 Engel“, das bereits 2015 auf der gleichnamigen EP erschien, und „20000 Meilen unter dem Meer“ stammen aus der Feder des Schweizer Electro-Musikers Tax-5. Vor allem ersterer kann mit breit angelegten Klangteppichen überzeugen, die viel aus dem Bereich des Ambient mitbringen. „Gaudeamus Igitur“ schließt mit einem 30-sekündigen Reprise von „Die letzte Chance zu leben“, das sich nicht zwingend darstellt, sondern eher deplatziert wirkt.
„Gaudeamus Igitur“ ist ein zweischneidiges Mini-Album geworden, dass sowohl typische Songs von WELLE: ERDBALL bietet, aber auch kleinere Experimente wagt, die in diesem Kontext nicht ganz zünden möchten. Wenn sich das Quartett auf das bereits etablierte Klangbild besinnt, dann können die Titel meist überzeugen, wenn auch die Texte sehr positiv und teilweise lieblich gestaltet wurden, so passt diese Herangehensweise doch zum behandelten Sommerthema. Fans können mit dem neuen Output zufrieden sein, verkürzt es doch die Wartezeit auf den nächsten Longplayer.
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