Review Wolfen – Evilution

Bald zwanzig Jahre gibt es die Kölner Band WOLFEN bereits und allein diese Zahl ist Grund zur Gratulation – wer es schafft, so viele Jahre im (wenn man mir diese Formulierung erlauben möchte) gehobenen Underground zu bestehen und diesen sogar noch musikalisch mitzugestalten, der darf schon ein wenig stolz auf sich sein. Reminiszenzen gönnen sich WOLFEN auf ihrem nunmehr fünften Album aber nicht. „Evilution“ klingt eher wie ein Blick nach vorne.

Das Quintett spielt auch auf dem aktuellen Werk satten Power Metal, der sich vor allem in den Strophen immer wieder rhythmisch und rifftechnisch dem Thrash Metal annähert, ohne dabei auf eine klare Melodieführung zu verzichten. Musterbeispiel dieses kompositorischen Prinzips ist „50 Dead Men“, bei dem der Wechsel zwischen deftigen Riffs und getragenen Melodien einwandfrei funktioniert. Wo die Strophen das Tempo anziehen und der Gesang tiefer, gepresster klingt, öffnet sich der Refrain, nimmt die Geschwindigkeit raus und setzt auf griffige, eingängige Melodiebögen. „Evilution“ fußt ganz auf diesem Spannungsverhältnis, auf den Wechsel von Härte und Sanftheit, der zumeist auch ein Wechsel von Tonhöhe und Tontiefe ist.

Dieses Bauprinzip geht in Songs wie „Eternity“ oder dem folgenden „The Flood“ bestens auf; gerade letzteres Stück schafft es, die ganze Wucht des Strophen- und Themenriffings in einen großartigen Refrain fließen zu lassen, der sich wie die besungene Flut auf den Hörer stürzt. Solche dichten, emotionalen Momente gelingen der Band zwar nur selten (vielleicht noch in „All That Remains Is Nothing“), sie sind aber mit der Grund dafür, warum „Evilution“ unterm Strich als deutlich überdurchschnittlich bewertet werden muss. Zu diesem Umstand gesellen sich die wuchtige Produktion und das technische Können dieser Band, das sich sowohl im Instrumentalen als auch im Vokalen vor Szenengrößen kaum verstecken braucht.

Warum „Evilution“ trotzdem nicht der große Wurf des Spätjahrs ist? Nun, mir liegen die Versatzstücke, mit denen WOLFEN ihre Songs konstruieren, schlicht zu offen. Obwohl die Musik an allen Enden rockt und knallt, durchgehend mitreißen will sie mich nicht. Das liegt nicht nur an ihrer Durchschaubarkeit, darüber ließe sich hinwegsehen. Auch das Riffing und die Melodieführung haben zuweilen etwas leicht Ausgelutschtes – den Eingangsriff des Openers „Sea Of Sorrows“ hat der geneigte Hörer sicherlich schon zigmal anderswo gehört und auch das Gefühl, dass sich WOLFEN ab und an selbst kopieren, ebbt während des Hörens der CD nie vollständig ab. Wobei ich gerne zugebe, dass diese Feststellung angesichts der handwerklich durchgehend gut gemachten Stücke nicht so stark ins Gewicht fällt. Störender wirken da eher die teilweise schlicht flachen Texte – und auch wenn ich weiß, dass dieser Gesichtspunkt nur zu gerne unter den Teppich gekehrt wird, aber wer sich eines gesellschaftlich relevanten Themas annimmt, ist meines Erachtens zu einer halbwegs adäquaten Sprache verpflichtet (die beispielsweise in „Chosen One“ schlicht nicht erreicht wird). Wenn es nur um die Stimmung ginge, die via Musik evoziert werden sollte, dann hätte man ja auch ein Instrumental aufnehmen können …

Nun, lassen wir die Kirche im Dorf: „Evilution“ ist ein gutes Album geworden und im Kontext der WOLFEN-Diskographie wahrscheinlich das beste. Und nach bald zwanzig Jahren will das was heißen.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Manuel Förderer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert