Review X-Raiders – Weltschmerz ‘89

„Weltschmerz ‘89“ ist ein Album, dessen Entstehungsgrund, lyrischer Fokus und irgendwie auch dessen Klang sich bereits durch den Namen der Platte ergibt. Denn die Mitglieder von X-RAIDERS sind sämtlich Jahrgang 1989, also vor kurzem 30 geworden. Dieser Geburtstag ist für nicht wenige eine Art Meilenstein, ab dem es etwas ruhiger zur Sache geht. Man kann nicht mehr die ganze Nacht durchsaufen und tut man es doch, ist man zwei Tage rekonvaleszent. Man kann nicht mehr bis sechs Uhr morgens im Klub eskalieren, will man nicht mörderische Rückenschmerzen in Kauf nehmen. Und auch aus der „Phase“ mit Rock, Punk und Metal sollte man ja so langsam einmal rauswachsen…

Dementsprechend ist „Weltschmerz ‘89“ eine Scheibe geworden, auf der sich die Musiker wütend ihrem Alter und den daran geknüpften Erwartungen entgegenwerfen. X-RAIDERS zeigen sich laut, schnell und zügellos, sie greifen nach ihrer (fast) vergangenen Jugend und lassen diese nicht los.
Musikalisch heißt das eine große Portion Turbonegro als Ausgangspunkt, ergänzt durch ein paar tolle Melodien und ein ordentlichen Schuss Freakigkeit. Exemplarisch wird die Ausrichtung von „Weltschmerz ‘89“ schon im Titeltrack „Chop Some Wood“ verdeutlicht, der in Form von zweieinhalb Minuten Vollgas-Rock-’n-Roll daherkommt. Das gilt in gleichem Maße für „Fleshwolf“, den wohl schnellsten Track der Scheibe, der mit mächtiger Motörhead-Schlagseite aufwartet. „Meat Market“ wiederum zeigt die lässige Seite der Band und lässt genug Platz für ein paar entspannte Grooves.
Das Ganze wurde von Attie Bauw (u.a. Judas Priest und Scorpions) klanglich toll in Szene gesetzt. Die Platte fühlt sich stets authentisch und ein bisschen schmutzig an, kommt dabei aber klar genug daher, um die Melodien und Riffs gut hörbar zu machen. So wird die aggressive und dunkle Achterbahnfahrt, auf den X-RAIDERS den Hörer mitnehmen, für diesen authentisch erlebbar.

„Weltschmerz ‘89“ ist aber beileibe kein Album, das nur von vergangenen Heldentaten schwärmt und die Gegenwart verleugnet. Vielmehr zeigen die X-RAIDERS, dass sich Dinge auch verändern müssen, um genauso zu bleiben, wie man sie haben will. Oder wie Gustav Mahler sagte: „Tradition ist die Weitergabe der Asche, nicht die Anbetung des Feuers“. In diesem Sinne: Turbonegro und Motörhead sollten die Plattenteller nie verlassen, solange darauf auch Platz für Blood Command, Milk Teeth und X-RAIDERS ist.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert