Review Yurei – Night Visions

Es gibt Alben, zu denen fällt einem zunächst gar nichts ein, Alben, zu denen einem so viel einfällt, dass eine Kritik dazu leicht von der Hand geht, und CDs, zu denen einem so viel einfällt, dass man gar nicht erst weiß, wo man anfangen soll – ein solches Album ist „Night Vision“ von YUREI.

Nach dem japanischen Begriff „Y?rei“, gleichbedeutend mit „dunkler Geist/Seele“ benannt, handelt es sich hierbei um das Soloprojekt des Norwegers Bjeima Amiejb, welchen man bereits durch sein Engagement bei Alfa Obscura und Delirium Bound sowie aus dem Umfeld von Virus beziehungsweise Ved Buens Ende kennt – Bands, die jede für sich und alle zusammen ein gerüttelt Maß an Musikalität wie musikalischem Wahnsinn garantieren.
Dem steht, soviel sei vorweggenommen, auch „Night Visions“ in nichts nach.
War der Vorgänger, „Working Class Demon“, zumindest noch etwas Black-Metal-affiner, da mit verzerrten Gitarren versehen, ist bei „Night Vision“ höchstens noch der Spirit norwegischen Post-„Black Metals“, wie man ihn von den genannten Bands her kennt, zu erahnen. Musikalisch gesehen ist „Night Visions“ nämlich alles – Jazz, Balkan-Musik, Fusion oder Rock – nur nicht Black Metal. 42 Minuten und 42 Sekunden lang erarbeitet Bjeima Amiejb die musikalische Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest – derart nerdy, dass ein tatsächlich beabsichtigter Douglas-Adams-Bezug nicht einmal mehr abwegig erscheint.
Nach einem Gameboy-Sound-Intro geht es direkt in die verqueren Sphären verspulten Gitarrenspiels, welches ein wenig an eine abgespeckte Version von Animals As Leaders erinnert.
Mit den klaren, den verrücktesten Gesangslinien folgenden Vocals kommt dann die Ved-Buens-Ende-Parallele ins Spiel – und steigert das Maß an Verschrobenheit so noch einmal um ein Vielfaches. Und dennoch: Am Ende klingt das Resultat diesers kompositorischen Wahnsinns aus so simpler wie eingängiger Melodieführung und so vertrackter wie genialer Rhythmik überraschender weise jedoch sogar ziemlich griffig und (zumindest für das halbwegs Avantgarde-geschulte Ohr) aus und ließe sich mitunter fast als „easy listening“ einstufen. Na ja, mitunter.

Wer die genannten Bands, allen voran Ved Buens Ende und Virus, zu schätzen weiß, Musik wie die von Panzerballett interessant und Animals As Leaders faszinierend findet, sollte sich mit YUREI definitiv zumindest beschäftigt haben. Eine Garantie, dass das hier Gebotene dann auch wirklich gefällt, ist all das freilich nicht – die Chancen, in „Night Visions“ einen musikalisches Kleinod zu entdecken, stehen in diesem Fall jedoch zumindest nicht schlecht.

Wertung: 9.5 / 10

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