Review Zu – Jhator

  • Label: House Of Mythology
  • Veröffentlicht: 2017
  • Spielart: Ambient

Wenn eine Band sich für ihr neues Album von tibetanischen Begräbnisritualen inspirieren lässt, zieht man mindestens eine Augenbraue nach oben. Meistens erliegen derartige Experimente der Gefahr, in esoterischen Quatsch auszuarten. Wenn diese Band allerdings ZU ist, die sich bereits mehr als zwanzig Jahre lang in quasi allen härteren und ruhigeren Genres ausgetobt hat, weicht die Skepsis schnell dem Interesse. Was die Italiener mit „Jhator“ vorlegen, ist auf der einen Seite eine metaphysische und stellenweise cineastisch wirkende musikalische Reise durch endlose Klangflächen. Auf der anderen Seite erforschen sie die kühlen, dennoch melancholischen Weiten einer übertechnologisierten Zukunft.

Die 43 Minuten Spielzeit von „Jhator“ teilen ZU auf zwei Stücke auf, die beide bewusst diffus strukturiert sind. „A Sky Burial“ beginnt nach einigen Gongschlägen mit einer Mischung aus Vogelgesang und Insektenschwirren, das von Schalmei-Klängen begleitet wird. Die asiatischen Melodien und Harmonien sind von bassigem Vibrieren unterlegt, was für eine atmosphärische, grenzenlose Stimmung sorgt. Schicht für Schicht wird auf- und abgetragen, scheinbare Strukturen in endlose Flächen aufgelöst und melancholische Sehnsucht mit innerer Ruhe vermengt. Nach gut 15 Minuten führen ZU diese Fäden zusammen: Eine repetitive Gitarrenmelodie trifft auf düstere Cello- und Klaviertöne, die von einem verschleppten Schlagzeug unterstützt werden. Hier erinnern ZU an Bands wie Earth und transportieren die Stimmung atmosphärischer Crust-Punk-Alben.

Mit „The Dawning Moon Of Mind“ driften ZU von dieser ruhigen, beruhigenden Stimmung in bedrückende, sperrige Dimensionen ab. Auch wenn das zweite Stück auf „Jhator“ seine Momente besitzt, können ZU mit diesem Wechsel das sehr hohe Niveau nicht ganz aufrechterhalten. Zunächst melodische, dann dissonante Akustikgitarrentöne werden von tiefen, bedrohlichen Bässen begleitet. Elektronisches Zirpen und Kratzen mischt sich in die Musik, die von Glitches und kaltem Pfeifen unterstützt werden. Synthesizer zeichnen das Bild einer trostlosen, neonfarbenen, kalten Stadt, die trotz ihrer endlosen Bauten nahezu klaustrophobisch wirkt, was durch arhythmische Beckenschläge unterstützt wird. In der zweiten Hälfte versinkt das Lied allmählich in den Tiefen des Meeres, bevor Streicher eine melancholische, neoklassische Stimmung erzeugen, die immer wieder von statischem Rauschen verschluckt wird und schließlich vom Wind verweht wird.

„Jhator“ ist ein eindringliches, zunächst beruhigendes, dann düsteres und fast schon verstörendes Album. Zwischen Ambient und Drone erzeugen ZU ein Werk, das atmosphärisch betäubend und außerweltlich wirkt. Der bewusste Bruch zur Mitte des Albums geht leider auch mit einem Abfall in der Qualität der Musik einher, ohne dabei zu enttäuschen. Es wird spannend sein zu verfolgen, wohin ZU ihre musikalische Reise in der Zukunft treiben wird.

Wertung: 7.5 / 10

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