Konzertbericht: Brass Knuckle Boogie

2010-06-02 München, StuStaCulum

Und wiedermal findet im Münchner Freimann das StuStaCulum statt, eine Veranstaltung mit richtiggehend „kultureskem“ Anspruch wie die Homepage verkündet. Vom 2. bis zum 5. Juni geben sich um die 100 Künstler aus verschiedensten Bereichen wie Theater, Kleinkunst und natürlich auch Musik auf unterschiedlichen Bühnen die Ehre. Auch kulinarisch wird man durch mehrere Buden, die von Döner bis Currywurst verschiedene Arten des Fast Food im Angebot haben, reichhaltig versorgt. Und mit einem Eintrittpsreis von einmalig vier Euro ist das Ganze obendrein auch noch finanzierbar.

Am 3. Juni gaben sich nun die Münchner BRASS KNUCKLE BOOGIE im Festzelt die Ehre. Ein hoher Andrang an Studenten, die hier überwiegend bereits im Vorfeld gefeiert hatten, sicherte ein gut gefülltes Bierzelt und so konnte ansatzlos mit „The Backyardboogie“ losgestartet werden, der vom Publikum direkt sehr wohlwollend aufgenommen wurde und weiteres Aufwärmen unnötig machte. Kein Wunder aber bei einer Musikrichtung, die sich wie wohl keine andere für die Live-Darbietung eignet und die der Name der Band bereits andeutet: Schlagring-Boogie, ein Begriff, der die vielfältige Mischung aus Psychobilly, Rockabilly, Country und Rock ’n‘ Roll klangvoll wiedergibt. Und obwohl der Fokus je nach Song anders gesetzt wurde, konnte innerhalb der 26 Songs nie die Rede davon sein, dass die Lieder unter sich nicht homogen wirken würden. Daran hatte sicher auch die exzellente Performance aller Musiker ihren Anteil, aus der für den Laien vor allem der Kontrabassist und der Pianist herausstachen. Während der eine mit unbeirrbarer Stetigkeit für kontinuierlichen Drive sorgte, setzte der andere dem noch die Krone auf durch irre, energetische Klavierläufe. Überhaupt hatte man das Gefühl, dass äußerst viel passierte, woran auch die Gitarre nicht unwesentlichen Anteil hatte, die sich neben wuchtigen Boogie-Riffs auch viel in den höheren Gefilden des Griffbretts bewegte.
Umso trauriger war es, dass zwei dieser drei Instrumente unter einer äußerst miesen Abmischung zu leiden hatten. Denn während der Kontrabass sich durch die straighte Rhythmusarbeit meistens noch Raum verschaffen konnte, gingen Gitarre und Klavier gerne vollkommen unter. Für Musiker, bzw. Kenner der Musikrichtung hatte der Auftritt also einen durchaus faden Beigeschmack, an dieser Stelle kam BRASS KNUCKLE BOOGIE aber zugute, dass das Publikum eben hauptsächlich aus Studenten bestand, die primär zum Feiern anwesend waren und weniger aus prinzipieller Zuneigung zur Musik. Ein Phänomen, das Musik aus dem Dunstkreis des Rockabilly wohl eigen sein dürfte: Vor 60 Jahren mal populär wird er heute von Verehrern damaliger Interpreten dargeboten, ich traue mich aber wetten, dass an diesem Mittwoch Abend kaum über 1% der Anwesenden auf die Idee kommen würde, beispielsweise eine Mad Sin-Platte freiwillig zu Hause aufzulegen. Und dennoch gab es im Laufe der Show kein Halten mehr im Publikum, da wurde im vorderen Teil des Zelts getanzt, was das Zeug hält, und war mal wieder eine der 26 Nummern vorbei, gab es sehr amtlichen Applaus. Insofern war es bei solchen Zuschauern sicher besser, dass das Klavier leise und der Gesang durchweg laut war, als andersherum, denn so merkten die meisten Zuschauer wohl nichtmal, dass dem Sound an einigen Ecken und manchen Enden etwas fehlte.
Wurden die meisten der Songs der komplett in schwarz gekleideten Musikern mit typischer Reserviertheit auf der Bühne präsentiert, gab es auch Gelegenheiten, zu welchen sich eine augenzwinkernde Auflockerung der Performance nicht vermeiden ließ. Vor allem die beiden Coverversionen von „8 Days A Week“ von den Beatles und nicht zuletzt „You Shook Me“ von AC/DC, kompromisslos auf Rockabilly getrimmt, boten durchaus Anlass zum Schmunzeln. Neben dem Publikumsliebling „Ghostriders In The Sky“, bekanntermaßen von Cash, wussten aber doch vor allem die Eigenkompositionen zu überzeugen, besonders „The Brass Knuckle Boogie“ und „Shark Attack“, die man sich übrigens beide auch auf MySpace zu Gemüte führen kann, strahlten durch ihren ungezügelten Drive eine Klasse aus, die den Gedanken, dass die Band erst seit März 2007 besteht, unwahrscheinlich wirken lässt.

Nachdem die Show nach anderthalb Stunden mit „Hell Machine“ ausgeklungen war, blieb eigentlich nur ein mögliches Resümee: BRASS KNUCKLE BOOGIE sind musikalisch längst da, wo sie hin müssen, das sollten sie nun nur noch genügend Menschen schmackhaft machen. Eine Show, die auch nach gut anderthalb Stunden voller Musik, die immerhin überwiegend nach dem selben Rezept funktioniert, nicht langweilig wird, will auch erstmal gespielt sein. Und das, obwohl der Sound an diesem Abend mit dem sprichwörtlichen „Gelben vom Ei“ wirklich überhaupt nichts zu tun hatte.
Die fünf Jungs aus München sollte man sich also keinesfalls entgehen lassen, wenn sie mal in der Nähe spielen. Dass die Musik unabhängig vom eigenen Geschmack direkt in die Füße geht, hat diese Show eindrücklich bewiesen.

Setlist:
1. The Backyardboogie
2. Buzz Buzz
3. Bloody Moon
4. Brand New Cadillac
5. General Lee
6. They never will
7. Cupid’s Victim
8. Rock this Joint
9. Shakin All Over
10. You Shook Me
11. Peggy may
12. Great Balls of Fire
13. Red Hot
14. Shark Attack
15. Red Light
16. Ghostriders
17. Furious Night
18. 8 Days a week
19. Secret Agent Man
20. 16 tons
21. Louisa
22. Next Time
23. Rock A Duck
24. Welcome to my house
25. The Brassknuckleboogie
26. Hell Machine

Publiziert am von Marius Mutz

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