Konzertbericht: Fallen Yggdrasil w/ Stygian Shore, Thorngoth & Support

2006-06-24 München, Titanic City

Der 24. Juni 2006 dürfte einem Großteil der Münchner (Metal-)Gemeinde wohl nur als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem Deutschland Schweden im Achtelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft mit 2:0 schlug. Den wenigsten dürfte dagegen das kleine Event in Erinnerung bleiben, das bald nach dem Abpfiff des Spiels in der Allianz-Arena begann: FALLEN YGGDRASIL, STYGIAN SHORE, THORNGOTH und MARIO WORLD gaben sich im Titanic City am Kurfürstenplatz die Ehre, wobei mir die letzteren beiden leider entgingen, und ich THORNGOTH nurnoch beim Abschminken auf der Toilette traf. Sie machten aber einen sympathischen Eindruck.

Schon in der U-Bahn begegneten einem statt begeisteren, schwarz gekleideten, trinkfesten Death Metal-Bundesgenossen leider nur gröhlende Vollzeit-Fußballfreaks. Deren Schlachthymnen gingen dementsprechend auch eher in „Ihr seid nur ein Möbellieferant“-, als in die „Death Metal Victory“-Richtung, kurioserweise jedoch gegröhlt sowohl von volltrunkenen Deutschen, als auch von mindestens ebenso vollen Schweden. Man erreichte das Titanic City jedoch trotzdem problemlos und friedlich um ungefähr viertel nach zehn, wo man dann auch noch THORNGOTH beim Abbauen bewundern durfte. Etwa 20 Minuten später betraten dann auch schon STYGIAN SHORE die Bretter. Kurz zum Publikum: „Es war nicht eben überfüllt“ ist noch eine sehr wohlwollende Formulierung für die Fanscharen, die bedingt durch die WM auf höchstens 30-40 loyale Death Metal-Jünger reduziert worden war. STYGIAN SHORE ließen sich dadurch jedoch nicht beirren, die nun mit ihrem Metal loslegten, den die Encyclopaedia Metallum als „Dark Progressive“ bezeichnet. Und tatsächlich ist das eine recht treffende Beschreibung für die sehr düster angehauchte Musik der Kirchheimer: Gerade während der ersten Songs fiel immer wieder das tolle Bassspiel Max Heckls auf, der sich mit Gitarrist Markus Goedecke, der seinerseits gute Leadpassagen hinlegte, die Vocals teilte, wobei Max überwiegend die tiefen Growls übernahm, während Markus tendenziell eher für die Schreie – und außerdem für den klaren Gesang – zuständig war. Mit einem guten Sound, der die Gitarren live noch um einiges wärmer wirken lies als auf der CD der Band, arbeitete man sich durch eine Setlist, die eigentlich nur von diesen progressiven Songs durchsetzt war, jedoch innerhalb der einzelnen Lieder immer wieder gut metzelnde Double Bass-Passagen bereithielt. Der progressive Aspekt, der die eher Death Metal-artigen Passagen immer wieder „durchbrach“, dürfte dann wohl daran schuld gewesen sein, dass man sein Publikum kaum zum richtig abgehen bewegen konnte, auch wenn nach jedem Song viel Applaus gespendet wurde, über den sich die Band sichtlich freute. Nach gut einer Stunde und „Stygian Shore“ als Zugabe machte man dann schließlich Platz für FALLEN YGGDRASIL, und hinterlies zumindest bei mir die gedankliche Notiz, sich das durchaus interessant gewordene Studiowerk zuzulegen, um mit der Musik besser mitzukommen, als das eben live möglich war.

Ich habe zwar nicht genau auf die Uhr geschaut, aber es sollte etwa halb 12 gewesen sein, als endlich mein persönlicher Grund fürs Kommen auf die nur etwa einen halben Meter hohe Bühne kam: FALLEN YGGDRASIL, mit deren Sänger Simon man sich schon zuvor nett unterhalten hatte, legten 10 Minuten und „einige kleine technische Probleme“ später los. Schon beim ersten Ton des Über-Songs „Building Up A Ruin to Come“ war mir, und offensichtlich den meisten anderen Besuchern auch – es wurde richtig voll vor der Bühne – klar, welche ganz bestimmte Kopfbewegung diesen Abend beherrschen sollte, denn bei FALLEN YGGDRASIL hat man desöfteren das Gefühl, sie würden ihre Songs nach Höhe der Headbang-Möglichkeiten in den einzelnen Liedern schreiben. Auf den mehr als genialen und schweißtreibenden Opener, der, wenn ich das richtig sehe, live leicht anders als auf der Studio-Version dargeboten wird, folgte, wie auf der aktuellen CD auch, der Dampfhammer „Bequest“. Und wo die Band schon im Studio keinen Sound für Zartbesaitete macht, kam deren Live-Sound umso mehr einem Massaker gleich, es gab wohl nur eine Person, die zu dem Song mehr abging als das Publikum, das die Köpfe auf Hochtouren kreisen lies: Simon Kratzer selbst, der eine unwahrscheinlich authentische Performance hinlegte, gerade seine Mimik während des Singens lässt nur den Rückschluss zu, dass dieser Frontman seine Musik absolut lebt. Nachdem Simon sich also nach „Bequest“ abermals erkundigt hatte, ob man heute Abend Death Metal hören wolle, wurde mit „Crown of All Creatures“ fortgefahren, das zwar etwas langsamer, aber nicht weniger zerstörerisch für die Nackenmuskulatur ans Werk ging als der Vorgänger. Hier fiel abermals auf, dass die Brutalität der Band wohl vor allem durch die höllisch tiefen Growls und den Schlagzeug-Sound erzeugt wird, denn was Gitarre und Bass angeht, so sind diese weit entfernt davon, stumpfe Akkorde zu schrubben, ganz im Gegenteil gibt es viele Leadparts der Gitarre, und selbst abseits von diesen wird sehr melodisch zur Sache gegangen. Der anfangs abermals gemäßigtere Song „In the Fire“ von der „Prospect of Prey“-Promotion-CD fuhr die Schiene konsquent fort, die schon zu Beginn des Konzertes eingeschlagen wurde, abermals kompromissloser Death Metal, mit diesmal jedoch sehr variablem Gesang, so fauchte, growlte und schrie Simon sich sehr abwechslungsreich durch diesen Song, dessen Stärke wohl auf jeden Fall im Refrain liegt.Über den Rest der Setlist hinweg, in deren Zuge einem ein etwas kürzeres 40 minütiges „Voll auf die Fresse“-Set angeboten wurde, bekam man noch meinen persönlichen Favoriten „Save Me (In the Name of God)“, ferner „You Suicide Me“ und „Babylonian Prayer“ zu hören, außerdem natürlich die üblichen Verdächtigen „The Snake“ und „I Burn“, alle dargeboten mit sichtbarer Spielfreude und auch sonst guter Performance, es gab keine Verspieler und die Köpfe kreisten auch auf der Bühne nicht zu knapp. Mit dem ultimativen „Nightflower“ entlies man das über die volle Spielzeit sehr gut mitgegangene Publikum um etwa halb eins in die kühle Nacht. Ich überlies mich meinen Nackenschmerzen jedoch erst, nachdem ich für 21 (!!!) € die beiden CDs „In No Sense Innocence“ und „Building Up A Ruin to Come“ sowie ein T-Shirt erstanden hatte.

Während ich mit dem Sound von STYGIAN SHORE wegen Unkenntnis des Albums nicht wirklich mitkam, festigten FALLEN YGGDRASIL ihren Ruf einer hart arbeitenden Death Metal-Band, die live immer alles und voll auf die Fresse gibt. Diese 5€ Eintritt war der Abend auf jeden Fall wert, und wird unter anderem wegen der familären Atmosphäre im recht kleinen und dampfigen Titanic City auch auf längere Zeit in Erinnerung bleiben.

Publiziert am von Marius Mutz

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