Konzertbericht: Fiddler’s Green akustisch

09.11.2012 Landshut, Rocket Club

Was vor 20 Jahren an einem Küchentisch begann, fand 2012 seinen Weg auf die Konzertbühne: Nach zwei Dekaden entschieden sich die Irish Speedfolker FIDDLER’S GREEN dazu, zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Und wenn gestandene Folkmusiker das tun, sind diese Wurzeln nicht nur ein leeres Versprechen und Umschreibung für ein Unplugged-Konzert – sondern auch ein Teil Lebensgefühl. Und eben jenes Gefühl transportierten Albi, Pat und Co. bei ihrer „Acoustic Pub Crawl“-Tour in die Clubs. Dabei half ihnen nicht nur ein höchst ungewöhnliches Instrumentarium, sondern auch das nötige Augenzwinkern.


Auf insgesamt 12 Studioalben können die Musiker zurückblicken, um geeignete Songs für akustische Adaptionen zu finden. Eine reichhaltige Auswahl, genau wie die Kiste hinter Schlagzeuger Frank Jooss, aus der die Musiker regelmäßig neue „Instrumente“ und Klangkörper fischen, denen sie sich lange und ausführlich widmen. So sieht man u.a. Bassist Rainer Schulz an der Triangel und Geiger Tobi Heindl (sowie im Verlauf des Abends fast den gesamten Rest der Band) am Xylophon. Doch der Reihe nach: Nachdem es mit „Irish Rover“ traditionell irisch ohne zusätzlichen Schnickschnack beginnt, entwickelt der musikalisch höchstwertige Abend schnell seine Eigendynamik – vor und auf der Bühne:

Eine Konzertbesucherin leert vor „Bottom Of Our Glass“ passend zum Lied eine Flasche Bier (fast) auf Ex. Anschließend verwendet Frank eben jene Flasche als Teil seines Stehschlagzeugs. Trotz Einlagen wie dieser verkommt der Auftritt aber nie zu einem sinnfreien Trinkgelage wie bei anderen Combos, sondern bleibt stets die Musik im Vordergrund. Nur einmal rückt das Thema Bier erneut ins Zentrum: Vor „Cripple Creek“ entsteht zwischen Band und Publikum eine bunt gemischte Diskussion darüber, welches Bier denn nun das Beste sei: Augustiner oder Tegernseer. Im Refrain werden schließlich spontan beide Möglichkeiten vertont, so dass Sänger Albi mehrfach den Song unterbrechen muss, ehe er ihn mit Mühe und Not und Lachtränen in den Augen gesungen bekommt. Natürlich überträgt sich jene Situationskomik schwerlich auf diese Zeilen.
Unbestritten bleibt hingegen die Tatsache, dass Songs wie „Highland Road“ von Pats Maultrommel aufgewertet werden und das akustische Grundkonzept im Live-Gewand besonders neueren Kompositionen wie „Yindy“ (nebst Rasseln) oder „Victor And His Demons“ exzellent zu Gesicht stand. Aufgelockert werden die aufwendigeren Stücke durch kleinere, launige Zwischenspiele wie „The Creel“ und „I’m Here Because I’m Here“ oder einen Walzertakt beim Rausschmeißer „Bugger Off“. Mit „No More Pawn“ debütieren FIDDLER’S GREEN zwischenzeitlich sogar ein neues Lied. Wie Albi erläutert, ist der „Pawn“ der Bauer beim Schach. Gesungen hört sich dies aber mehr wie eine Ablehnung gegenüber weiteren Erotiktiteln an.


Apropos Gesang: Während „Apology“ als irische Vollballade auf CD eher mäßig klingt, erblühen die Stimmen von Pat, Albi und Co. an diesem Abend in voller Blühe in hervorragender Harmonie. Selbiges gilt für die Soloeinladen von Albi, der mit „Into The Sunset“ einen Song vorstellt, wie man ihn von seinem Eigenprojekt Albi’s Corner kennt. Bei „Piano Man“ beweist Zweistimme Pat wiederum, dass er sich in den letzten Jahren unglaublich im Fiddler’s-Gewand gemausert hat und überzeugt ebenfalls bei diesem sehr gesangsfokussierten Stück. Bunt gemischt unter diese Soloeinlagen werden wiederum „Folk’s Not Dead“, das instrumentale „Tam Lin“ und der altbewährte Rausschmeißer „Blarney Roses“. Nein, nicht nur der illuminierte Pubhintergrund auf der Bühne erinnerte an einen abendlichen Ausflug in das Temple Bar Viertel von Dublin – auch die Musik vom Küchentisch tat es. Ganz ohne Wall of Folk.

Setliste
01. The Irish Rover
02. Don’t Come Again
03. The Creel
04. Walking High
05. Long Gone
06. Bottom Of Our Glass
07. Cripple Creek
08. The Jolly Beggar
09. Highland Road
10. No More Pawn
11. I’m Here Because I’m Here
12. Empty Pockets, Empty Fridge
13. Drive Me Mad
14. Apology
15. All These Feelings
16. Charlie
17. Victor And His Demons
18. Star Of The County Down
19. Yindy
20. Strike Back
21. Bugger Off

22. Into the Sunset
23. Tam Lin
24. Folk’s Not Dead

25. Piano Man
26. Raggle Taggle Gypsy
27. Blarney Roses

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Publiziert am von und Uschi Joas

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