Konzertbericht: Katzenjammer w/ Unni Wilhelmsen

2011-04-14 Muffathalle, München

Wir schreiben den 14. April 2011, einen dieser Tage, an dem man überraschend neue Seiten der Musikwelt kennenlernt. Nachdem man später in euphorisch-verwirrter Stimmung in sein Bett fällt, weiß man nicht genau, ob man nun über derlei Erweiterung des musikalischen Geistes lachen oder weinen bzw. jammern soll. Doch der Reihe nach…

Den Auftakt dieses besonderen Konzertabends in der sehr gut gefüllten Münchener Muffathalle machte die zugegebenermaßen etwas unglücklich gewählte, wenngleich stimmlich nicht minder grandiose Folk-Pop-Sängerin Unni Wilhelmsen. Trotz der fragwürdigen Wahl bestach die Norwegerin mit einer glockenklaren Stimme und wunderschönen selbstgeschriebenen Songs zum Vor-sich-hin-grübeln und Nachdenken. Aber warum unpassend für diesen Abend? Weil sowohl die zweite Vorband namens Polkabjorn & Kleine Heine wie auch Katzenjammer für gewöhnlich eine komplett andere Stimmung erzeugen als eine enorm ruhige Songwriterin.
Und der Stimmungsumschwung folgte nur wenige Minuten, nachdem die zierliche Blondine mit ihrer Gitarre von der Bühne verschwand: Kontrastprogramm schön und gut, aber für meinen Geschmack war der zweite Support aus Skandinavien einen Tick zu viel Schock nach der sehr gemäßigten Auftaktmusik. Und mit Schock meine ich Schock. Oder wie sonst reagiert man auf einen faszinierend schnell und vor allem verdammt anstrengenden, jodelnden Norweger namens Polkabjorn, begleitet von einem mit einer Gitarre bewaffneten Landsmann mit dem schönen Namen Kleine Heine, die beispielsweise Lieder mit dem Titel „I Like To Ski“ zum Besten geben, indem sich eben jene Textstelle duzendfach wiederholt? Obwohl es sich um hochprofessionelles, absolut bewundernswertes Jodeln handelte, litt die Stimmbandakrobatik jedoch spätestens nach dem dritten Lied unter ihrer Eintönigkeit. Ein Erlebnis getreu dem Motto: Nicht schön, aber selten. Definitiv nichts, um es in seinen eigenen vier Wänden auf CD zu hören, aber als Einstimmung und Warm-Up für die vier schrillen Folk-Damen (ebenfalls aus Norwegen) durchaus geeignet. Vielleicht sollten es die beiden Jungs beim „Supertalent“ versuchen. Die ungläubig-begeistert-verblüfften Publikumsreaktionen erinnerten jedenfalls verdächtig an die TV-Show.
Nach diesem gewagten Experiment wurden Katzenjammer gebührend empfangen und von Anfang an wie die Folk-Queens bzw. die Queens of Soultry Sound gefeiert, die sie nun einmal – auch mangels adäquater Konkurrenz – unweigerlich sind. Nicht nur, dass das Ohr vom ersten Song an mit den gefürchteten Würmern attackiert wurde, welche man sowohl auf dem Nachhauseweg und in der Arbeit am nächsten Morgen noch gerne vor sich hin summt, sondern auch das Auge hatte etwas, woran es sich weiden konnte. Seien es hübsche Retrokleidchen, auffällige Frisuren bzw. Perücken oder nur katzenhaft bemalte Instrumente – so hatte man abseits der Musik genug Unterhaltung, um sich den Abend zu vertreiben. Neben den, wie es schien, bei nahezu fast allen Konzertbesuchern bekannten Liedern wie „Demon Kitty Rag“ und „To The Sea“, welche selbstverständlich in ohrenbetäubender Lautstärke mit“gesungen“ wurden, durften allerdings auch Neuheiten vom kommenden Album „Das Rock“ nicht fehlen. Ganz besonders positiv hervorzuheben ist hierbei „Rock Paper Scissors“, das Katzenjammer während ihres Aufenthaltes in Nashville geschrieben haben und bei dem es sich (wer würde es bei diesem Entstehungsort nicht vermuten) um ein countrymäßig anmutendes Liedchen handelt, welches garantiert irgendwann von den Katzenjammer-Fans mitgeträllert wird.
Nachdem die Mädels, wohlgemerkt jede an fast jedem Instrument und teils sogar mit mehreren Instrumenten gleichzeitig, stimmgewaltig die Bühne gerockt und mit einer soulig-bluesigen Variante von „Land Of Confusion“ noch ein besonderes Highlight in der zweiten Hälfte gesetzt hatten, ging eine energiegeladene Show langsam zu Ende, die vor Esprit und Charme nur so sprühte. Doch natürlich ließen sich Marianne, Solveig, AnneMarit und Turid nicht lumpen und gaben nach dem offiziell letzten Song „Hey Ho“ nach lautstarker Zugabe-Aufforderung noch einmal mit fünf weiteren Stücken inklusive einem gefeierten „A Bar in Amsterdam“ alles, um die verzauberten Münchner Konzertgänger danach mit einem bleibenden Eindruck der eigenwilligen skandinavischen Königinnen mit dem noch eigenwilligeren deutschen Namen auf den Heimweg zu schicken.

01. A Kiss Before You Go
02. Cocktails And Rubyslippers
03. Loathsome M
04. Demon Kitty Rag
05. Rock Paper Scissors
06. Lady Marlene
07. Sovjet Trumpeteer
08. Cherry Pie
09. Laughter
10. To The Sea
11. Mother
12. Ouch
13. Land Of Confusion
14. Le Pop
15. Der Kapitän
16. Hey Ho

17. A Bar In Amsterdam
18. God’s Great Dust Storm
19. Ain’t No Thing

20. Helvete Heller
21. Das Rock

Publiziert am von Uschi Joas und

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